Zehn Figuren, zwei Schauspieler: Julia Kronenberg und Hans Danner im "Reigen". 

Foto: Gabriele Grießenböck

Bei seinem Erscheinen vor über hundert Jahren löste Arthur Schnitzlers Reigen Stürme der Entrüstung und einen noch nie dagewesenen Theaterskandal aus. Vorstellungen konnten - wenn überhaupt - nur unter Polizeischutz ungestört stattfinden. Der Autor wurde öffentlich diffamiert und beschimpft. Und es kam zu einem Prozess wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses, der allerdings mit einem Freispruch endete. Entnervt verfügte Schnitzler ein Aufführungsverbot, das bis 1982 anhielt. Schnitzlers Liebeskarussell hatte offenbar den Nerv der Gesellschaft getroffen. Fünf Frauen und fünf Männer, quer durch die sozialen Schichten der damaligen Wiener Gesellschaft - etwa die Praterdirne, das süße Mädel oder die mondäne Schauspielerin, der einfache Soldat, der versponnene Dichter oder der distinguierte Graf -, treffen in zehn erotischen Szenen jeweils paarweise aufeinander. Es wird verführt, es kommt zum Sex, und man geht anschließend so schnell wie ernüchtert, fast angeekelt, wieder auseinander.

Jede Figur handelt aus Sehnsucht, Enttäuschung, Einsamkeit oder Machtbedürfnis. Regisseur Manfred Schild hat nun den Reigen als lockere Sommerkomödie ans Innsbrucker Kellertheater gebracht. Er hat erst gar nicht nach einer zeitgemäßen Version gesucht. Er bürdet die zehn Figuren lediglich zwei Schauspielern - Julia Kronenberg und Hans Danner - auf. Die Vielschichtigkeit der einzelnen Charaktere zu zeigen gelingt den beiden nicht immer. Die Begegnungen der grundverschiedenen Paare unterscheiden sich meist nur oberflächlich. Die erotische Anziehung wird oft nicht spürbar, unerträgliches Knistern bleibt aus. Der Akt findet dann jeweils - ganz im Sinne des Autors - geräuschlos im Blackout statt. Außer einmal, da wird in die sprichwörtliche Kiste gehüpft, jedoch vorsorglich der Deckel geschlossen. Das Licht bleibt an. Stimmig das letzte Bild, als der Graf nach dem Beischlaf bei der Dirne noch wacht. (dns, DER STANDARD, 16.7.2013)