Im Rahmen eines Workshops der Demokratiewerkstatt zum Thema "Annexion 1938" hatten Jugendliche Anfang Juni im Parlament die Gelegenheit, mit dem Zeitzeugen Wilfried Daim über den "Anschluss" zu sprechen.

Foto: Parlamentsdirektion/Bildagentur Zolles KG/Mike Ranz

Wien - Wilfried Daim, der am 21. Juli seinen 90. Geburtstag feiert, hat sich als Entdecker von österreichischen Künstlern der Zwischenkriegszeit einen Namen gemacht und mit dem Werk "Der Mann, der Hitler die Ideen gab" über den Rassenideologen Jörg Lanz von Liebenfels internationale Bekanntheit erlangt. Zeit seines Lebens hat sich der studierte Psychologe Daim auch immer wieder mit der Kirche auseinandergesetzt und sich als Gegner des Bundesheers profiliert.

Studium der Psychologie und Anthropologie

Geboren wurden Wilfried Daim am 21. Juli 1923 in Wien. Aufgewachsen in einer Hernalser Arbeiterfamilie begann er sich schon früh für Kunst zu interessieren und engagierte sich in der Hernalser Pfarrjugend im Widerstand gegen das NS-Regime. Dem Krieg selbst entging er dennoch nicht und wurde an der Russlandfront dreimal verwundet. Nach seiner Rückkehr begann er mit dem Studium der Psychologie und Anthropologie an der Universität Wien, das er 1948 abschloss. Neben seiner Assistenten-Tätigkeit am Institut für Höhere Studien beschäftigte er sich in der Folge intensiver mit der Psychoanalyse.

Nachdem er 1958 seine Abhandlung über Liebenfels, die im Herbst neu aufgelegt wird, veröffentlichte, wandte sich Daim verstärkt dem Thema Kirche zu und brachte etwa mit August M. Knoll und Friedrich Heer "Kirche und Zukunft" heraus. Darin nahmen die Autoren wesentliche Punkte des 2. Vatikanischen Konzils vorweg. Ende der 60er Jahre setzte er sich öffentlichkeitswirksam mit dem Bundesheer auseinander und war gemeinsam mit Günther Nenning einer der prominentesten Proponenten des Volksbegehren zur Abschaffung desselben.

Publikationen

Zu dieser Zeit hatte er bereits das private Institut für politische Psychologie gegründet. Daim setzte sich auch mit gesellschaftlichen Gegebenheiten und sozialen Phänomen auseinander. So interviewte er für "Die kastenlose Gesellschaft" (1960) etwa 200 Personen aller Sozialschichten. Insgesamt veröffentlichte Daim knapp 20 Bücher und mehr als 200 Artikel, darunter auch das Ende der 1990er Jahre erschienene "Meine Kunstabenteuer".

Darin setzte sich Daim mit seiner eigenen Sammlungstätigkeit auseinander, die er bereits in jungen Jahren begonnen hatte und ab den 1970ern intensivierte. So gilt er etwa als Entdecker von Franz Probst, hat sich aber auch der Werke von Otto Rudolf Schatz oder Hans Pihls angenommen. Unter anderem resultierten daraus zwei Ausstellungen mit Exponaten aus seiner Sammlung. 2009 wurde Daim mit der Ehrenmedaille der Bundeshauptstadt ausgezeichnet. (APA/red, derStandard.at, 20.7.2013)