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Asselborn (l.) und Juncker im Zwist.

Foto: REUTERS /Luxemburger Wort/Gerry Huberty

Luxemburg - Nach dem Zerfall der Regierungskoalition will der luxemburgische Ministerpräsident Jean-Claude Juncker seine Christlich-Soziale Volkspartei (CSV) in vorgezogene Neuwahlen im Herbst führen. Bei einem Sondertreffen am Donnerstagabend bestimmte die CSV den langjährigen Premier zu ihrem Spitzenkandidaten. Junckers Kontrahent Jean Asselborn muss dagegen nach dem misslungenen Versuch, Juncker aus dem Amt zu drängen, gehen: Er gab am Freitag seinen Verzicht auf die Spitzenkandidatur der Sozialdemokraten (LSAP) bekannt.

Luxemburgs Großherzog Henri nahm indes Konsultationen mit den im Parlament vertretenen Parteien über mögliche Neuwahlen auf. Er empfing die sogenannten Parteipräsidenten am Freitag in seinem Palast zu Einzelgesprächen, wie der Hof mitteilte. Offiziell blieb der Termin einer Neuwahl vorerst offen. Im Gespräch ist der 20. Oktober.

Am Donnerstagabend hatte ein außerordentlicher Nationalkongress der CSV in Hesperingen Ministerpräsident Jean-Claude Juncker (58) erneut zum Spitzenkandidaten bestimmt. Der dienstälteste Regierungschef in der EU sprach sich für einen Neustart aus.

Premier empört

Die mitregierende LSAP hatte Juncker am Mittwoch wegen einer Affäre um illegale Abhöraktionen des Luxemburger Geheimdienstes die Unterstützung entzogen. Der Premier zeigte sich empört, dass ausgerechnet der langjährige sozialdemokratische Koalitionspartner ihm "ein Bein stellt" und kam einen Misstrauensvotum mit der Ankündigung vorgezogener Neuwahlen zuvor.

Am Freitag erklärte Außenminister Jean Asselborn, er trete nicht erneut als Spitzenkandidat der LSAP an, wie Regierungssprecher Guy Schuller mitteilte. Im Sinne eines Neuanfangs schlug Asselborn vielmehr Wirtschaftsminister Etienne Schneider als LSAP-Spitzenkandidaten vor. Er sei "zum Entschluss gekommen, dass ein jüngeres, neues Gesicht, dass weniger vom Gegenwind gezeichnet ist, für einen Neuanfang und eine Verjüngung der bessere Weg ist", sagte Asselborn nach Angaben der Zeitung "Luxemburger Wort".

Schneider in den Startlöchern

Der 42-jährige Schneider ist Umfragen zufolge beliebter als Asselborn, der schon seit neun Jahren in der Regierung sitzt. Der luxemburgische Außenminister hat unter seinen EU-Kollegen einen ähnlich hohen Status hat wie Juncker bei den Staats- und Regierungschefs.

Nach Luxemburger Medienberichten wurde am Freitag zudem bekannt, dass die 62-jährige Unterrichtsministerin Mady Delvaux (LSAP) nicht mehr bei einer Neuwahl antreten will.

Regierungssprecher Schuller sagte, der offizielle Wahlkampf mit Plakaten könnte Mitte September beginnen. Dann gingen auch die zweimonatigen Schulferien zu Ende. Bei einer Wahl am 20. Oktober würde Junckers Regierung de facto im Herbst zurücktreten. Schuller betonte indes, die Regierung sei nicht zurückgetreten und voll funktionsfähig. Wirtschaftsminister Schneider sagte: "Wir werden nicht abgesetzt oder uns absetzen lassen."

Juncker, der einer der Väter des Euro ist, hatte am Donnerstag mit Großherzog Henri gesprochen. Der Koalitionspartner LSAP hatte wegen der Affäre um illegale Abhöraktionen des Geheimdienstes, Bombenanschläge und mutmaßliche Korruption personelle Konsequenzen gefordert. Am Mittwoch hatte Juncker einen Rücktritt und die Übernahme persönlicher Verantwortung abgelehnt, aber Fehler eingeräumt. Ein Untersuchungsausschuss macht ihn in seinem Bericht für das Eigenleben des luxemburgischen Geheimdienstes verantwortlich. (APA, 12.7.2013)