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Nationalratsabgeordneter müsste man sein. Oder Beamter. Oder in einer Zweierbeziehung ohne Kinder. Oder alles gleichzeitig, wie Fritz Neugebauer, dessen Kinder erwachsen sind.

Foto: dapd/Zak APA/Hochmuth

Chancen ausgewählter Personengruppen in Österreich

Grafik: Der Standard

Linz - Nationalratsabgeordneter müsste man sein. Oder Beamter. Oder in einer Paarbeziehung ohne Kinder leben. Oder alles gleichzeitig. Dann gehörte man in den Augen der österreichischen Wahlberechtigten zu jener Bevölkerungsgruppe, die es in unserem Land leicht hat.

Wehe aber, man wäre alleinerziehend. Oder schwul. Oder ein älterer Arbeitnehmer. Dann, so sagt eine aktuelle Umfrage des Linzer Market-Instituts im Auftrag des STANDARD, dann gehörte man zu jenen, die es in Österreich besonders schwer haben.

Die 507 repräsentativ ausgewählten Österreichern vorgelegte Frage lautete: "Welche Gruppen haben es in Österreich alles in allem eher leicht, welche eher schwer?" Diese Umfrage, bei der in der Vorwoche das Wohl und Wehe von 30 Personengruppen abgefragt wurde, zeigt deutlich, dass die Lebenschancen in Österreich als ungleich - und zum Teil ungerecht - verteilt erlebt werden. Das Faktum, dass jemand Kinder hat, dürfte als ein wesentliches Hemmnis empfunden werden. So sind es vor allem Personen über 30 (die entsprechende Erfahrungen aus ihrer Lebenswelt kennen), die erklären, dass es Ehepaare mit Kindern eher schwer hätten.

Im Bundesdurchschnitt sagen das 58 Prozent, nur 32 Prozent meinen, Ehepaare mit Kindern hätten es eher leicht. Dagegen meinen nur zwölf Prozent, dass es Paare ohne Kinder schwer hätten. 81 Prozent erklären, kinderlose Paare - in der Soziologie werden diese oft als Dinks ("double income no kids") bezeichnet - hätten es eher leicht. Es sind besonders Grün-Wähler (unter denen die Dink-Lebensform weit verbreitet ist), die das kinderlose Paarleben als leicht empfinden. Umgekehrt sind es vor allem FPÖ-Wähler und Menschen, die Österreich für ein generell ungerechtes Land halten, die (Ehe-)Paare mit Kindern für benachteiligt halten.

Nicht kinderfreundlich

"Man kann da doch recht klar sehen, dass die Österreicher ihr eigenes Land als nicht kinderfreundlich erleben", sagt der Sozialforscher David Pfarrhofer vom Market-Institut. Auf die Frage, ob es Kinder in Österreich leicht oder schwer hätten, sagt zwar eine Mehrheit von 56 Prozent, dass es die Kinder eher leicht hätten, aber in der Familiensituation sieht das dann ganz anders aus.

Das hänge sehr mit der Einschätzung der Situation von Frauen zusammen, sagt Pfarrhofer: "Zwei Drittel der Befragten meinen etwa, dass es berufstätige Frauen eher schwer haben - das ist kein Wunder, wenn man an die klassischen Rollenzuschreibungen denkt. Aber es ist auch das Bild, das Frauen von Frauen haben: 78 Prozent der Frauen, aber nur 55 Prozent der Männer beobachten, dass es Frauen im Berufsleben schwer hätten." Allerdings werden auch "Nur"-Hausfrauen ähnlich schlechte Lebenschancen eingeräumt.

Alleinerziehende mit Kindern - auch das sind in der Mehrzahl Frauen - werden überhaupt an das Ende der Skala gereiht. Auch hier sind es die weiblichen Befragten, die noch deutlicher als die männlichen eine Benachteiligung vermuten.

Sympathie für Kleinbetriebe

Pfarrhofer verweist auf die Sympathie für kleine Unternehmer hin, die sich in der Umfrage spiegelt: "Wer einen Kleinbetrieb hat, dem attestiert man, dass er es ähnlich schwer hat wie ein Arbeitsloser. Umgekehrt werden Manager von Großunternehmen eher zu der Gruppe gezählt, die es leicht haben."

Überraschend sei, dass Zuwanderer aus Ex-Jugoslawien (dazu gehören die EU-Mitgliedsländer Slowenien und Kroatien) als ähnlich benachteiligt gesehen werden wie jene aus der Türkei. Zur Einschätzung der Nachteile für Homosexuelle fällt Pfarrhofer ein: "Das ist eine Gruppe, die in letzter Zeit sehr professionell auf ihre Diskriminierung hingewiesen hat. Die wird auch von einer Mehrheit der ÖVP-Wähler, wenn auch vielleicht ohne Empathie, inzwischen wahrgenommen." (Conrad Seidl, DER STANDARD, 12.7.2013)