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Die ORF-Aktion "Licht ins Dunkel": Speerspitze der Spendenaufrufe zugunsten behinderter und bedürftiger Menschen. Doch Spenden sind für NPOs nicht alles.

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Badelt: "Auf der Suche nach einem neuen Selbstbild".

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Küberl: "Abgeordnete haben es selbst in der Hand".

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Wien - Politik und soziale Wohltätigkeit sind schon lange für Zwecke des Imagegewinns verknüpft, nicht erst seit ein Finanzminister anstelle von Honoraren für Vorträge auf Spenden für Menschen in Notlagen oder für einen "in Errichtung befindlichen" privaten Sozialfonds bestand.

Das Problem dabei, sagt Caritas-Präsident Franz Küberl, ohne den aktuellen Anlass des Finanzministers Karl-Heinz Grasser zu kommentieren, ist nicht der gute Wille von Politikern. Spenden aus der Politik würden leicht verdecken, dass "die Politik in erster Linie eine politische Aufgabe hat" - die sozialpolitischen Rahmenbedingungen zu sichern.

Nischen vorhanden

Küberl nennt für dieses Dilemma ein Beispiel: "Vor einigen Jahren haben Nationalräte für die Obdachloseninitiative Gruft eine beachtliche Summe gespendet. Aber dieselben Abgeordneten haben es in der Hand, durch Gesetze darauf zu schauen, dass Obdachlosigkeit nicht entsteht."

In der "Hochleistungsgesellschaft" werde es immer Nischen geben, wo man helfend einspringen muss, "wie bei der Hochwasserhilfe", sagt Küberl. Aber es sei zu prüfen, ob Politik die "soziale Architektur" hinreichend in staatlichen Netzen verankere, "damit Spendennotwendigkeit nicht allzu häufig entsteht".

7400 Mitarbeiter

Diese soziale Architektur wird vor allem von Non-Profit-Organisationen (NPO) getragen, die längst zu einem wesentlichen Wirtschaftsfaktor geworden sind. Die Caritas Österreich beispielsweise setzte 2001 275 Mio. Euro mit 7400 Mitarbeitern um; "nur" zwölf Prozent des Ertrags (immerhin 32 Mio. Euro) kamen aus Spenden, der große Rest aus öffentlichen Mitteln.

Soziale Dienste und Gesundheit sind die beiden größten Teile des gemeinnützigen Sektors, aber bei weitem nicht die einzigen - von freiwilligen Feuerwehren bis zu Privatkindergärten, Kulturvereinen bis Berufsverbänden und politischen Parteien setzt der Gesamtsektor rund sechs Mrd. Euro bei 200.000 Beschäftigten um. Und er ist, sagt der Rektor der Wirtschaftsuni Wien und NPO-Forscher Christoph Badelt, "auf der Suche nach einem neuen Selbstbild, da er aufgrund seiner Bedeutung zur Professionalisierung im Management getrieben wird".

Wachsender Finanzdruck zwinge die Gemeinnützigen zu professionalisieren, dabei müssten sie aufpassen, "dass sie ihre soziale oder kulturelle Zielsetzung nicht verlieren", beschreibt Badelt.

Große fressen Kleine

Die Tendenzen sind der profitorientierten Wirtschaft nicht unähnlich: Den großen, erfolgreichen Organisationen, die zwangsläufig immer wirtschaftsähnlicher würden, stehen kleine, "basisorientierte" Gruppen "wie ein Hecht im Karpfenteich" gegenüber. Immer öfter würden "Mittlere von den Großen gefressen" um überleben zu können. So wird die eingangs erwähnte "Gruft" heute von der Caritas geführt. Frauenhäuser, glaubt Badelt, "werden wahrscheinlich irgendwann in den öffentlichen Bereich integriert werden". "Die Chance der Kleinen ist es, wie bei Start-ups, wesentlicher Faktor der Innovation zu sein."

Immer stärker werden Non-Profit-Organisationen auch von profitorientierten Unternehmen konkurriert, wie im Alters- und Pflegebereich, wo in Westösterreich eine Reihe von Heimen von deutschen Unternehmen übernommen wurden, erklärt Badelt. Der Einwand, dass man in diesem Sektor keine Gewinne machen dürfe, sei ideologisch und greife zu kurz. "Auch die Bäcker leben vom Hunger der Menschen."

Gemeinnützigkeit keine Antwort

Der NPO-Forscher sieht hingegen ein anderes Problem: Die Grenzen der "Marktfähigkeit bestimmter Produkte": "Wo die Qualität des Outputs nicht leicht kontrollierbar ist, besteht die Gefahr, dass kommerzielle Unternehmen dies zulasten der Konsumenten ausnützen."

Gemeinnützigkeit ist nicht automatisch die Antwort auf dieses Dilemma: Rigide Qualitätsstandards und Kontrollen müssten sowohl für den kommerziellen wie den NPO-Sektor gelten. (Helmut Spudich, DER STANDARD Print-Ausgabe, 28.7.2003)