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Börsianer und Investoren sind stets auf der Suche nach aussagekräftigen Daten. Wenn sie etwa wissen wollen, wie optimistisch die Konsumenten in der größten Volkswirtschaft der Welt, den USA, sind, dann nehmen sie etwa den Index zum Konsumentenvertrauen der University of Michigan zur Hand. Doch in der heutigen Finanzwelt ist jede Sekunde wertvoll. Und so haben Hochfrequenzhändler und Banken bis zu diesem Montag die Möglichkeit gehabt, die Daten zum Konsumentenvertrauen vorab zu bekommen - zwei Sekunden vor allen anderen.

Der Daten- und Medienkonzern Thomson Reuters hat Kunden diesen Vorsprung zu einem stolzen Sümmchen angeboten - für 6000 Dollar (4667 Euro) im Monat. Nach Medienberichten sollen rund ein Dutzend Kunden den "exklusiven Datenzugang" von Thomson Reuters bekommen haben. Sie haben an zwei Freitagen im Monat um exakt 9:54:58 Uhr die Daten zum US-Konsumentenvertrauen bekommen, zwei Sekunden vor allen anderen. Im Gegenzug haben die Hochfrequenzhändler, die innerhalb von Millisekunden Wertpapiere wie Aktien oder Derivate handeln, die Daten zu Geld machen können.

Für Datenanbieter wie auch Bloomberg oder Dow Jones hat sich aus dem Geschäft für die Turbohändler ein lukratives Geschäft ergeben. Laut Schätzungen der Tabb Group, einer Beratungsfirma in den USA, die auf Kapitalmärkte und Hochfrequenzhandel spezialisiert ist, sind "machine-readable news feeds" ein Millionengeschäft. Dieses Jahr sollen damit 75 Millionen Dollar umgesetzt werden. Mit diesen Datenkanälen werden etwa Wirtschaftsindikatoren direkt in handelbare Daten verarbeitet, die von Computermodellen an den Kapitalmärkten mit Kauf- und Verkaufssignalen umgesetzt werden.

Wichtige Turbohändler

Dabei ist die Praxis der Vorab-Daten aus Sicht einiger Rechtsexperten so lange nicht problematisch, wie alle Investoren wissen, dass ein Datenunternehmen Hochfrequenzhändlern vorab Informationen zur Verfügung stellt. So hat etwa Thomson Reuters bis zuletzt argumentiert. Dass der Premiumdienst am Montag beendet wurde, sei zwar eine "freiwillige" Entscheidung, betonte das Unternehmen in einer Aussendung.

Doch der lukrative Datenvorsprung hat auch Behörden auf den Plan gerufen. Und so hat der New Yorker Generalstaatsanwalt Eric Schneiderman eine Untersuchung eingeleitet, um zu ergründen, ob es die Finanzmärkte verzerrt, wenn nicht alle Investoren gleichzeitig mit Finanzdaten versorgt werden. Womöglich wäre etwa das Delikt des Insiderhandels erfüllt. Schneidermann jedenfalls hat es sich zum Ziel gesetzt, dass es "auf den Finanzmärkten fair zugeht".

Das Interesse der Behörden kommt nicht von ungefähr. Laut aktuellen Daten der Tabb Group wird fast jede zweite Order am US-Aktienmarkt, der größte der Welt, von Hochfrequenzhändlern abgewickelt. Auch in Europa macht der vollautomatische Handel einen immer größeren Teil aus, je nach Quelle bis zu 40 Prozent.

Der Kampf um jede Sekunde treibt so manche Blüte. So haben etwa US-Hochfrequenzhändler direkt neben den Servern der New Yorker Börse ihre eigenen Computer platziert, damit sie näher an den Daten sitzen und so manche Millisekunde bei der Übertragung einsparen. Auch in Europa bieten die Börsenplätze für Turbohändler prioritäre Plätze an. (Lukas Sustala, Der Standard, 10.7. 2013)