Vom Zuschauen schwindlig wird es manchen, wenn die Tänzer von Vandekeybus' Bande Ultima Vez auf Risiko setzen.

Foto: Danny Willems

Wim Vandekeybus ist einer der Großen des zeitgenössischen Tanzes. Vor kurzem wurde der belgische Choreograf 50 Jahre alt. Sein 1987 uraufgeführter Erstling What the Body Does Not Remember schrieb Tanzgeschichte. Das Pu­blikum war gleichermaßen begeistert und schockiert.

"Mr. Vandekeybus is creating adrenalin choreography", schrieb die Kritikerin Anna Kisselgoff 1987 in der New York Times und konstatierte eine "Verschmelzung von Präzision und extremer Energie". Ein Vierteljahrhundert später zeigt Vandekeybus' Company Ultima Vez das Schlüsselwerk wieder weltweit – am 15. und 17. Juli auch bei Impulstanz.

What the Body Does Not Remember ist von wechselnden Stimmungen geprägt: Zwei Tänzer werfen sich wie Marionetten hin und her. Sie setzen Bewegungen um, die eine Tänzerin scharrend und klopfend mit ihren Händen an einem Holztischchen vollführt. Weiße Gipsziegel werden in die Luft geschleudert – sie fielen auf die Werfenden herab, würden diese nicht von Kollegen zur Seite gerissen. In einem Tanz zwischen Gewalt und erotischer Annäherung werden Frauen von Männern begutachtet, abgetastet.

Daneben wird in unbeschwerteren, ironischen Passagen Kleidung stibitzt, werden Posen durchprobiert, bis die neun Tänzer mit wildem Stampfen und Springen zum Spiel mit der Gefahr zurückkehren. Als Grundmotiv seines Erstlings wählte Vandekeybus unkontrollierbare Momente im Leben – wenn man sich verliebt, die Sekunde, bevor ein Unfall passiert: "Plötzlich tauchen sie auf, ohne Vorwarnung."

Nach Wim Vandekeybus' Debütwerk ist auch seine jüngste Arbeit Booty Looting bei Impulstanz zu sehen. Am 24. und 26. Juli verstricken sich vier Tänzer, zwei Schauspieler und ein Live-Fotograf in ein schweißtreibendes Verwirrspiel von Täuschung und Wirklichkeit, Abbild und Erin­nerung. Musik, Bewegung, Sprache und Fotografie bilden ein­ander ebenbürtige Medien, wenn zu Elko Blijweerts hypnotischer E-Gitarre der Medea-Mythos und die Kunst von Joseph Beuys und Marcel Proust zitiert werden. (Sabina Zeithammer, Spezial, DER STANDARD, 10.7.2013)