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Die Vorgänge am türkischen Finanzmarkt werden untersucht. Die Aufsicht nimmt die Rolle der Händler unter die Lupe.

Foto: ap/Ibrahim Usta

Dem Kursrutsch der vergangenen Wochen geht die Aufsicht nun auf den Grund und fordert Zugriff auf sämtliche Daten der Händler. Die Zentralbank kämpft gegen den Verfall der Lira und kündigt geldpolitische Schritte an.

Istanbul/Wien - Die Proteste in der Türkei haben auch dazu geführt, dass Investoren das Land verlassen haben. Die Aktien sind talwärts gesaust, die Verschuldungskosten gestiegen und die Lira (im Vergleich zum Dollar) auf ein Rekordtief gesunken, der Standard hat berichtet.

All das hat jetzt ein Nachspiel. Denn die in Ankara angesiedelte Kapitalmarktaufsicht hat eine der größten Finanzuntersuchungen in der Geschichte eingeleitet. Am 25. Juni haben die Aufseher Vorladungen an die Finanzunternehmen verschickt, die 93 Prozent der Markttransaktionen kontrollieren, berichtet das Wall Street Journal. Die Behörde fordert den Zugang zu allen Auslandstransaktionen, Konten, persönlichen Informationen, Forschungsberichten, Telefon-, E-Mail- und Chatprotokollen, berichten Händler.

Die Regierung betrachtet die Marktbewegung als den finanziellen Arm der Proteste, die das ganze Land im Juni erfassten. Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan hatte schon zuvor dafür die sogenannte "Zinslobby" verantwortlich gemacht, die von den Schwankungen profitiert habe.

"Jeder hat verkauft, und wir auch", berichtet ein Händler bei einem der größten Broker in der Türkei. "Jetzt habe ich Angst, dass die Regierung mir eine Verschwörung vorwirft, um vom Sturz der Märkte zu profitieren." Der Händler hatte am Höhepunkt der Krise einem Kunden in London berichtet, die Proteste könnten möglicherweise zum Sturz Erdogans führen. Wie viele andere internationale Fondsmanager hatte der Investor den Broker daraufhin angewiesen, türkische Assets weiter zu verkaufen. Jetzt fürchtet der Händler, dafür bestraft zu werden.

Die Türkei kämpft derweil gegen den Verfall der Landeswährung. Die türkische Notenbank hatte am Montag angekündigt, die geldpolitischen Zügel deutlich zu straffen. Die Maßnahmen seien "stark, effektiv und zeitlich begrenzt", hieß es. Die Zentralbank sagte ihr geplantes Refinanzierungsgeschäft für die Banken ab und verkaufte stattdessen zur Stützung des Wechselkurses 250 Mio. US-Dollar (194 Mio. Euro).

Bisher wurden mehr als drei Milliarden US-Dollar aufgewendet, um die Lira zu stützen. "Die Notenbank musste reagieren", sagte Timothy Ash, Chefanalyst des Schwellenländer-Researches der Standard Bank. Schließlich habe eine weitere Talfahrt der Lira gedroht. (Reuters, bpf, DER STANDARD, 9.7.2013)