Bild nicht mehr verfügbar.

Marillenpüree-Konzentrat etwa kann man in China ab zwei Euro pro Liter bestellen. Hierzulande kostet das ein Vielfaches. (Symbolfoto)

Foto: ap/mead matthew

Erwin Pletterbauer hat sich sowohl die Produktion in Westchina als auch die Verschiffung in Xingang angesehen. Er gibt an, nur vorab in Europa auf Pestizidrückstände getestete Ware zu kaufen. Ihm stößt sauer auf, dass kleine Unternehmer für ihr Wirken in Österreich bestraft würden.

Foto: Pletterbauer

Die Chinesen arbeiteten mit hohen Qualitätsstandards, ist Pletterbauer überzeugt.

Foto: Pletterbauer

Erwin Pletterbauer fühlt sich von den Behörden gefrotzelt. Der Wiener Unternehmer importiert Marillenpüree aus China. Und das nicht erst seit gestern, sondern seit vielen Jahren. Nun will der Zoll von dem Ein-Mann-Betrieb nachträglich 50.000 Euro haben, weil das Fruchtmus steuerlich zu günstig eingestuft wurde. Für Pletterbauer durch Geldnot bedingte Willkür, die die Existenz seiner Firma bedrohe.

Geldquelle exotische Früchte

Vor allem das Püree-Konzentrat exotischer oder teurer Früchte wie Mango, Papaya, Pfirsich oder Marille kommt oft aus Ländern wie China oder der Türkei. In der EU wird es dann zu Marmelade oder Fruchtsaft verarbeitet.

Erst seit Juli letzten Jahres ist der Einfuhrzoll für Fruchtpüree-Konzentrate aus Drittländern in der EU einheitlich geregelt. Der Import der Produkte kommt nun teurer. Anstatt 15,7 werden nun 20,5 Prozent auf den Warenwert veranschlagt und zusätzlich eine Pauschale von 4,2 Euro pro 100 Kilogramm eingehoben.

Die österreichischen Behörden dürften dem Prinzip "Was heute Recht ist, muss es auch zuvor gewesen sein" folgen und wollen von dem Unternehmer Pletterbauer für die Jahre 2010 bis 2012 eine Nachzahlung.

Viel Geld

"Die Zöllner haben drei Jahre lang geschlafen", sagt der ausgebildete Lebensmitteltechnologe zu derStandard.at. Ihn überrascht der Zeitpunkt des Aufwachens nicht. Das Finanzministerium brauche Geld und habe die Zollämter angewiesen, doch bitte etwas genauer als früher hinzuschauen. Das zuständige Zollamt Klagenfurt-Villach hat auf eine Anfrage von derStandard.at nicht geantwortet.

Allerdings landen rund 75 Prozent der Zolleinnahmen in Brüssel. 16,6 Milliarden Euro oder 13 Prozent des EU-Budgets hat das 2011 gebracht. Österreich lieferte 168 Millionen Euro ab.

Sorge um Rechtssicherheit

Pletterbauer ist darüber doppelt verärgert. Nicht nur, dass sein Vertrauen in die Rechtssicherheit Österreichs erschüttert sei. Immerhin habe ihn sogar die Wirtschaftskammer in seinem Vorgehen bestärkt. Ihm stößt sauer auf, dass kleine Unternehmer wie er dafür bestraft würden, im Land zu bleiben. Zumal es sich um ein auf europäischen Anlagen erzeugtes Qualitätsprodukt aus dem westchinesischen Xinjiang handele. Laut einem derStandard.at vorliegenden Prüfbericht war in zumindest einem Fall das Püree gänzlich frei von Pestiziden.

Recht skurril dabei ist der Umstand, dass von den tausenden Kilo Marillenpüree kein einziges in Österreich verarbeitet oder konsumiert worden ist. Vielmehr hat Pletterbauer das Mus nach Italien und Tschechien verkauft. Zuvor hat es seinen Weg über den Indischen Ozean, den Suez-Kanal und das Mittelmeer ins slowenische Koper gefunden, von wo es im Lkw zur Zwischenlagerung nach Kärnten geliefert wurde.

Standortfrage

Noch vor zwei Jahren hat das mittlerweile zurückgefahrene Geschäft mit Obstkonzentraten die Hälfte seines Umsatzes ausgemacht. Weder die Einfuhr nach, noch die Firma in Österreich wären nötig gewesen. Dass Pletterbauer nun dafür bestraft wird, weil er im Land geblieben ist, findet er nicht fair.

Besonders ärgert ihn die Tatsache, dass dadurch die kleinen Unternehmer zum Handkuss kämen, während es die großen Spieler Agrana oder Grünewald durch ihr Firmennetzwerk leichter hätten. Viele leisten ihren Einfuhr-Obolus zudem vorsorglich in "unternehmerfreundlicheren" Ländern wie den Niederlanden, sagt Pletterbauer.

Teure Marillen

Denn in welchem EU-Staat ein Produkt aus Drittstaaten eingeführt wird, ist unerheblich. Fruchtverarbeiter führen Obstkonzentrate oft aus Kostengründen aus Ländern wie China ein. Marillenpüree-Konzentrat etwa kann man in China ab zwei Euro pro Liter bestellen. Hierzulande kostet das ein Vielfaches.

Vielen ist es das dennoch wert. Pago bezieht seine Marillen aus Italien und Österreich, Pfanner aus Italien und Rauch aus Italien und Ungarn, heißt es auf Anfrage von derStandard.at.

Instanzenzug

Saures statt Süßes stattdessen für Unternehmer Pletterbauer. Er will die Nachforderung der Behörden nicht zahlen. Zumal er bereits 5.000 Euro für Rechtsberatung ausgegeben hat. Dabei nicht hilfreich war, dass er es laut einem derStandard.at vorliegenden Bescheid verabsäumt hat, seine Position fristgerecht darzulegen.

Doch ein Bescheid kann angefochten werden. Pletterbauer hat gegen jene des Zollamtes Beschwerde eingelegt. Der Unabhängige Finanzsenat (UFS) wird nun entscheiden. "Ich erwarte mir kein faires Verfahren", stapelt Pletterbauer die Erwartungen tief.

Daher hat er nicht nur eine Beschwerde an die EU-Kommission eingereicht, sondern vor wenigen Wochen auch um den Erlass der Nachzahlung aus Billigkeitsgründen angesucht. Im Kern geht es darum, dass ein Bestehen des Zollamtes auf der Nachzahlung in Anbetracht des Sachverhalts ungerecht wäre. Etwa wenn dadurch der Bestand des Unternehmens gefährdet ist. Doch auch wenn dem so ist, rechnet Pletterbauer mit keiner Milde: "Wir sind ja in Österreich. Dort arbeiten Kleinunternehmer ohne Netz am Hochseil der Wirtschaft." (Hermann Sussitz, derStandard.at, 17.7.2013)