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David Drummond: Wir wussten nichts von Prism.

Foto: reuters/GONZALO FUENTES

In der vergangenen Woche haben wir auf der Google-Startseite den 130. Geburtstag von Franz Kafka gefeiert. In Anbetracht des kafkaesken Ausmaßes, das die aktuellen Anschuldigungen bezüglich der Überwachung unserer Netzwerke durch die US-Behörden derzeit angenommen haben, kam diese Würdigung zum passenden Zeitpunkt.

Lassen Sie mich mit drei wichtigen Fakten über Google und unseren Umgang mit Auskunftsersuchen von Behörden zu den Daten unserer Nutzer beginnen.

Erstens: Wir haben uns weder Prism noch irgendeinem anderen staatlichen Überwachungsprogramm angeschlossen. Bis zu den Enthüllungen in der Presse im vergangenen Monat hatten wir noch nie von Prism gehört.

Zweitens: Wir geben keiner Regierung, auch nicht der US-Regierung, Zugriff auf unsere Systeme. Und wir erlauben Regierungen auch nicht die Installation von Ausrüstung in unseren Netzwerken oder auf unserem Gelände, mit deren Hilfe sie Zugriff auf Nutzerdaten erlangen. Es gibt keine "Hintertür", "Seitentür" oder "versteckte Tür". Natürlich haben uns verschiedene Regierungen, darunter auch europäische, über die Jahre vorgeschlagen, Überwachungsgeräte in unseren Netzwerken zu installieren. Dies hat Google stets verweigert.

Drittens: Wir geben Nutzerdaten ausschließlich in Übereinstimmung mit dem Gesetz an staatliche Behörden weiter. Unsere Rechtsabteilung prüft jedes Ersuchen und geht bei der Prüfung der Details geradezu pedantisch vor, sodass Ersuchen häufig abgelehnt werden, wenn es lediglich um das breite Abgreifen von Daten zu gehen scheint oder das vorgeschriebene Verfahren nicht eingehalten wird. Wenn Google Nutzerdaten herausgibt, dann überträgt Google diese an die Behörden. Keine Regierung hat die Möglichkeit, auf Daten direkt von unseren Servern oder aus unseren Netzwerken zuzugreifen.

Die Vorwürfe haben eine ernsthafte Debatte über die Notwendigkeit eines besseren Gleichgewichts zwischen Bürgerrechten und nationaler Sicherheit angestoßen. Das ist besonders wichtig, denn die fehlende Aufklärung über die Art der Überwachung in demokratischen Ländern untergräbt die von ihren Bürgern hoch geschätzte Freiheit.

Sowohl in den USA als auch in Großbritannien beispielsweise gibt es aktuell Gerichte, die Belange der nationalen Sicherheit hinter geschlossenen Türen verhandeln. Neueste Presseberichte deuten darauf hin, dass der französische Nachrichtendienst landesweit Metadaten über Telefon- und Internetkommunikation erfasst. Und die Regierung der Niederlande hofft auf die Verabschiedung eines Gesetzes, das es der Polizei im Fall schwerer Verbrechen erlauben würde, sich durch Hacking Zugang zu den privaten Daten von Verdächtigen zu verschaffen.

Niemand bezweifelt die realen Bedrohungen, denen Staaten ausgesetzt sind. Natürlich haben sie die Pflicht, ihre Bürger zu schützen. Ungeklärt ist jedoch, warum sowohl die Art als auch der Umfang von Überwachungsmaßnahmen durch verschiedene Staaten so unbedingt geheim gehalten werden. So wird beispielsweise Unternehmen generell verboten, über bestimmte Arten von Anträgen in Bezug auf die nationale Sicherheit der USA zu sprechen, und niemand weiß, wie viele Menschen tatsächlich betroffen sind.

Für mehr Transparenz tun wir seit 2010 alles erdenklich Mögliche. Damals haben wir erstmals offengelegt, in wie vielen Fällen mit strafrechtlichem Hintergrund die USA und andere Staaten aus aller Welt (einschließlich Österreich) Auskünfte bezüglich Nutzerdaten begehrt haben. Und dieses Jahr haben wir dank einer Vereinbarung mit der US-Regierung begonnen, Informationen über Auskunftsersuchen des FBI (National Security Letters) zu veröffentlichen. Damit erhält das FBI Informationen, mit denen die Kunden von Telefon- und Internetunternehmen identifiziert werden können. Googles Veröffentlichung dieser zuvor "geheimen" Informationen scheint keine negativen Folgen gehabt zu haben. Das zeigt, dass Transparenz durchaus dem öffentlichen Interesse dienen kann, ohne die nationale Sicherheit zu gefährden.

Wenn Google mehr Zahlen frei veröffentlichen dürfte, würden sie zeigen, dass wir von den US-Gesetzen zur nationalen Sicherheit in viel geringerem Umfang betroffen sind, als es die Anschuldigungen vermuten lassen. Insgesamt ist nur ein verschwindend geringer Teil unserer vielen hundert Millionen Nutzer Ziel staatlicher Nachforschungen.

Aber Transparenz sollte sich nicht nur auf Unternehmen beschränken. Auch Staaten sollten offener sein. In Deutschland bietet die Bundesnetzagentur mehr Transparenz als Einrichtungen in den meisten anderen Ländern. Wir hoffen, dass sich in Zukunft mehr Staaten für größere Transparenz entscheiden werden. Dies würde helfen, das richtige Gleichgewicht zwischen dem Schutz der Bürger und ihren Rechten als Bürger zu finden - denn beides sind Pflichten der Regierung. Das sind schwierige Fragen, aber sie sind die Basis für das Funktionieren einer freien Gesellschaft. (David Drummond, DER STANDARD, 8.7.2013)