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Bei den Landesfinanzen gibt es in Salzburg noch viele "Baustellen", warnt Astrid Rössler.

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STANDARD: Politik funktioniert auch über Symbole. Am Tag der Angelobung der neuen Salzburger Landesregierung im Juni sind Sie als Landessprecherin der Grünen einträchtig neben ÖVP-Landesobmann Wilfried Haslauer auf der Kirchbank bei einer heiligen Messe gesessen. Was wollten Sie mit dieser Inszenierung, mit diesem Bild sagen?

Rössler: Das war keine Inszenierung. Ich bedaure, dass das offenbar von außen so wahrgenommen wurde. Bei dieser Messe waren ja außer dem Landeshauptmann und mir noch eine ganze Menge anderer Personen. Vor allem aber war es ein ökumenischer Gottesdienst und einer wunderbar inspirierenden Predigt - mit einem Appell zu verantwortungsvollem Handeln - einer evangelischen Pfarrerin. Auch das könnte man als Symbolik verstehen. Wäre ich nicht gegangen, wäre auch das als Bild wahrgenommen worden. Da entscheide ich mich lieber für das Bild, dort gewesen zu sein.

STANDARD: Spielt für Sie Religion in der Politik eine Rolle?

Rössler: Es gibt diesen schönen Satz: Politik ist angewandte Spiritualität. Das beschäftigt mich seit einiger Zeit. Gerade weil wir Grüne uns dafür einsetzen, das zu verteidigen, was mit Werten und Spiritualität verbunden ist. Der Gottesdienst war auch nicht Teil der Landtagssitzung. Es war jedem freigestellt, dort teilzunehmen.

STANDARD: Die Salzburger Regierung präsentiert sich als sehr harmonisch, quasi als Kuschelkoalition. Gibt es überhaupt noch Unterschiede zwischen ÖVP und Grünen?

Rössler: Ich will zwischen Kuscheln und konstruktivem Zusammenarbeiten deutlich unterscheiden. Es ist viel Platz zwischen uns. Aber es gibt ein Bekenntnis, dass man sich wechselseitig informiert, einbindet, fragt und Dinge gemeinsam angeht und plant. Es gibt im Regierungsprogramm auch ein Bekenntnis zum ressortübergreifenden Arbeiten, zur Nachhaltigkeit als Regierungsgrundsatz.

STANDARD: Ein potenzieller Konfliktpunkt mit der ÖVP ist Ihr zentrales Ressort, die Raumordnung. Wenn man hier etwas ändern will, muss man sich mit den schwarzen Bürgermeistern anlegen. Die ÖVP wird da auf der Bremse stehen. Ihre Pläne?

Rössler: Ich kann sagen, ich lege mich mit den Bürgermeistern an. Ich kann aber auch sagen, ich setze mich mit ihnen auseinander. Ich komme beruflich aus der Raumordnungspraxis, mir ist bewusst, in welchen sozialen Strukturen, Verbundenheiten, Abhängigkeiten Raumordnung stattfindet. Wir wissen, dass wir dringend die Raumplanung in wesentlichen Fragen weiterentwickeln und manches korrigieren müssen. Ich sehe das aber nicht als Konfrontation. Es gibt im Raumordnungsgesetz jetzt schon Instrumente für die überregionale Raumplanung. Die Frage ist, warum wird das nicht gelebt. Ich glaube nicht, dass das an Lücken im Gesetz scheitert. Es braucht einfach mehr Druck dahinter, dass die Regionalplanung ernster genommen wird.

STANDARD: Im Herbst beginnen die Budgetverhandlungen. Wie ist die Finanzsituation des Landes?

Rössler: Wir haben jetzt zwar einen Überblick über weite Teile der Finanzen, aber noch nicht die volle Klärung. Es fehlen wichtige Baustellen wie etwa der Wohnbau- oder der Katastrophenfonds.

STANDARD: Landeshauptmann Haslauer hat gesagt, er rechnet bei den Spekulationsgeschäften mit einem Minus von 200 Millionen. Entspricht das Ihrer Einschätzung?

Rössler: Ich traue mich da noch nicht, mit Zahlen zu operieren. Uns fehlt der historische Aspekt von Papieren, die wir jetzt auflösen. Letzte Woche haben wir von einem Geschäft erfahren, das so komplex ist, dass noch kein Spezialist gefunden werden konnte, der das ausrechnen kann.

STANDARD: Sie haben im Untersuchungsausschuss wiederholt gesagt, dass die ÖVP im Finanzskandal mitten drinnen steht. Jetzt soll genau diese ÖVP das im Finanzressort wieder geradebiegen. Macht man da den Bock zum Gärtner?

Rössler: Ich stehe dazu: Die Regierungspartei ÖVP war vor allem zu Beginn der Spekulationsgeschäfte massiv involviert. Jetzt brauchen wir ein Procedere für eine verlässliche Aufarbeitung und Neuorientierung. Es ist jetzt auch der Landtag mit eingebunden, die SPÖ sitzt auch mit im Boot. Der Finanzüberwachungsausschuss, in dem alle Parteien vertreten sind, hat eine Spiegelfunktion zur Regierung.

STANDARD: Logischer wäre aber doch gewesen, wenn die vom Skandal unbelasteten Grünen die Sanierung der Landesfinanzen übernommen hätten.

Rössler: Das hat sich in den Ressortverhandlungen nicht gestellt. Wir haben ein offenes und transparentes Prozedere entwickelt. Da sollte es nicht mehr darauf ankommen, wer das Finanzressort leitet. Es gibt mehrere Ressorts, die einigermaßen schwierig sind. Ich habe mich für die Raumordnung entschieden, Heinrich Schellhorn für das Sozialressort. Christian Stöckl von der ÖVP für Finanzen und Gesundheit. Die Verteilung der Bürden ist angemessen.

STANDARD: Im Finanz-Untersuchungsausschuss ist mehrmals die Rolle von Spitzenbeamten zur Sprache gekommen. Wird es da jetzt Konsequenzen geben? Etwa für Rechungshofdirektor Manfred Müller?

Rössler: Es gibt den Beschluss im Landtag, dass der Landesrechungshof einen Reformvorschlag macht. Aus meiner Sicht, muss die Rolle des Rechnungshofes in Zukunft eine kritischere sein. Das ist aber auch eine Ressourcenfrage. Das nehmen wir wie auch die Verwaltungsreform schrittweise in Angriff.

STANDARD: Wird die Reform des Rechnungshofes mit Direktor Müller starten?

Rössler: Er wird den Vorschlag präsentieren. Dann wird die Frage gestellt werden, ob er den reformierten Landesrechnungshof leitet. Manfred Müller ist aber auf zwölf Jahre bestellt. De facto müsste man ihn abberufen. Wir wissen gar nicht, ob das laut Geschäftsordnung so einfach geht. Der Landtag kann beispielsweise den Landtagspräsidenten nicht abberufen.

STANDARD: Wird es Konsequenzen für Landesamtsdirektor Heinrich Christian Marckhgott geben?

Rössler: Dass wir mit wichtigen Abläufen rund um den U-Ausschuss unzufrieden waren, ist bekannt. So weit mir bekannt ist, ist aber kein Fehlverhalten gegen ihn anhängig. Bleibt die Frage, wann er in Pension geht.

STANDARD: Im März 2014 werden in Salzburg Gemeinderäte und Bürgermeister gewählt. Auf  Landesebene gibt es eine schwarz-grüne Koalition. In der Stadt Salzburg geht die ÖVP mit den Grünen denkbar hart und untergriffig um. War das jemals Thema in den Koalitionsverhandlungen?

Rössler: So etwas ist nicht Verhandlungsmasse. Klar ist aber, dass wo gemeinsame Interessen von Lande und Stadt zu behandeln sind - wie im Verkehrsbereich - wir auch die Stadt-ÖVP auf ihre Haltung abtesten, ob sie zum Regierungsprogramm steht.

STANDARD: Welche Erwartungen haben Sie in Salzburg für die Nationalratswahlen im September? Hilft den Grünen die Regierungsbeteiligung?

Rössler: Der neue intensiv arbeitsorientierte Stil wird geschätzt. Das schreibt man zu einem hohen Teil uns zu. Ich gehe davon aus, dass sich die gute Stimmung fortsetzen wird.

STANDARD: VP-Chef Haslauer hat zur Salzburger Koalition mit Stronach gesagt, damit sei Stronach "salonfähig". Wäre Schwarz-Grün-Gelb auch ein Modell für den Bund?

Rössler: Das ist schwer vergleichbar. Das Salzburger Team Stronach unterscheidet sich in Eigenständigkeit und Paktfähigkeit doch deutlich vom Team Stronach im Bund. Ich sehe das auf Bundesebene nicht.

STANDARD: Sie haben einen riesigen Berg Arbeit vor sich. Ihr Parteifreund Rudi Anschober in Oberösterreich ist in ein Burn Out geschlittert. Was unternehmen Sie, dass Ihnen das nicht passiert.

Rössler: Ich habe zwei grüne Regierungskollegen an meiner Seite. Rudi Anschober war Pionier und Einzelkämpfer in einer Landesregierung. Zu dritt ist das eine ganz andere Situation. Wenn einer von uns auf Urlaub ist, können wir uns gegenseitig vertreten. (Thomas Neuhold, DER STANDARD, 5.7.2013)