Nicht im Bild, aber dennoch Gewissheit: Volvos aktives Temporegelsystem mit Lenkassistent im Einsatz.

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So sieht das teilautonome Fahren auf der Schautafel aus.

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Das Szenario: Der vordere Wagen ist mit einer Havarie in einer unübersichtlichen Kurve hängen geblieben. Der folgende, konkret dessen Fahrer, wird per Car-2-Car-Communication vor dem drohenden Unheil gewarnt. Funktioniert via Cloud.

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Nicht nur Elche, sondern 15 Sorten Wild vermag der Bremsassistent mit Tiererkennung zuzuordnen.

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Selbst rosarote Elche werden erkannt. Zumindest in der Testanordnung.

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Per Knopfdruck einparken: Auch kein Problem in naher Zukunft, meint Volvo.

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Lars steht gern in der Dunkelheit herum. Der Wagen erkennt ihn dennoch.

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Lass dich niemals von einem Elch auf die Schaufel nehmen. Empfiehlt Volvo – und hat dazu auch gleich eine ganz neue Sicherheitstechnologie entwickelt. Einen Notbremsassistenten mit Tiererkennung, präziser: Großtiererkennung (um kleineres Gekreuch und Gefleuch wird man sich dann in einer späteren Ausbauphase kümmern). Kreuzt zum Beispiel ein Tyrannosaurus Rex Ihren Weg, weicht Ihr Volvo großräumig aus, sicher ist sicher.

Der Volvo-Experte winkt heftig ab, nein, nein, da haben wir was missverstanden. Es geht hier um Elche, Rentiere und Rotwild, die Jurassic Parks dieser Welt mit all ihren Dinosauriern sind nicht erfasst. War ja so schon aufwändig genug, der Sensorik das genannte Wild bekanntzumachen. Sogar in Safariparks hatte man sich zwecks Datensammlung herumgetrieben.

Ganzheitlicher Schwung

Bis zu 15 Kreaturen identifiziert das System, das Monokamera und Radar klug vernetzt, gleichzeitig, und es ist integrierender Bestandteil der Vision von einer unfallfreien Zukunft. Ähnliche Perspektiven verfolgen auch Premiumhersteller wie Mercedes, BMW, Audi, Lexus, und jeder behauptet felsenfest, die Führerschaft anzustreben. Wo Volvo die Konkurrenz womöglich übertrifft bei diesem ehrenwerten Unterfangen, Menschenleben zu retten/schützen, ist der ganzheitliche Schwung und die zeitliche Perspektive.

Mit dem neuen XC90 Ende 2014 kommen nämlich die ersten Technologien bereits in den Serieneinsatz, und weil Volvo kaum erwarten kann, dass alle Welt über die neuen Segnungen spricht, wurde jetzt schon mal ein Schippel  Journalisten in die Gotenburg – pardon: nach Göteborg geladen, zum Kennenlernen. Jeweils im fahrenden Objekt (=mit Technik vollgestopfte Versuchsträger), auf dem alten Firmentestgelände.

Etwa 2015 ist der Zeithorizont für den beschriebenen Elchflüsterer im XC90, und das in Göteborg vorgestellte Bündel umfasst fünf weitere spannende Themata: Fußgängererkennung in der Dunkelheit, Fahrbahnrand- und Begrenzungserkennung mit Lenkeingriff, aktives Temporegelsystem mit Lenkassistent, Car-2-Car -Kommunikation und autonomes Parken.

Autonomes Fahren

Man sieht schon, etliches geht in Richtung des neuen Technik-Megatrends autonomes Fahren, und Volvo-Mann Erik Coe­lingh bestätigte, man strebe auch in dem Bereich eine Führungsrolle an, "indem wir über bestehende Konzepte hinausgehen". Das geht klar an die Adresse von Mercedes und BMW: Die am 19. Juli startende S-Klasse erlaubt als erstes Serienfahrzeug der Welt teilautonomes Fahren, mittels Staufolgeassistent, der einem das Fahren bis 60 km/h abnimmt. BMW stellt heuer noch ein ähnliches System vor.

Wie das bei den Nordmännern aussieht? Wir parken hinter einem Volvo, den wir als Alpha-Tier bezeichnen, weil er gleich die Führung übernehmen wird. Wir, also Beta-Tier, hängen uns hintendran, die Übung nennt sich aktives Temporegelsystem mit Lenkassistent, und nachdem selbiges aktiviert ist, trottet Beta Alfa willig hinterher, im flotten Fußgängertempo, während am Fahrersitz gilt: Hände weg vom Steuer.

Autonomes Einparken

Beta bremst, beschleunigt und lenkt ganz von alleine. Bis zu welchem Tempo, verrät Volvo "erst zu einem späteren Zeitpunkt", so weit lässt man sich noch nicht in die Karten blicken. Man kann wohl auf eine ähnliche Philosophie wie bei Mercedes tippen, ab dem XC90 wissen wir mehr. Ebenso wie beim Begrenzungserkenner, der bremst und gegenlenkt, nähert man sich mal unachtsam einer Leitplanke, zum Beispiel.

Etwas weiter in der Zukunft liegt das autonome Ein- und Ausparken, was auch daran liegt, dass man sich erst mit Parkplatz- und -garagenbetreibern auf die Installation der nötigen Infrastruktur einigen muss. Volvos Prototypen beherrschen das schon recht gut.

Alarmierte Bremsen

Ebenso wie die Car-2-Car-Kommunikation, wo ein Gutteil der Informationen über den Umgebungsverkehr ins Internet eingespeist wird und dann via Cloud in die einzelnen Autos reinregnet. Muss etwa ein Einsatzfahrzeug vorbei, erhält man die Info schon so lange vorher, dass man bequem rechts ranfahren kann. Oder ein paar Kurven weiter ist ein Fahrzeug hängengeblieben, mitten auf der Straße, nach einer Kurve: Volvos Schutzengel erkennt die Brisanz, meldet es getreulich an die nachfolgenden Piloten und begibt sich in Bremsbereitschaft.

Und wir, wir begeben uns nun in einen Atombunker der schwedischen Luftwaffe. Längst aufgelassen, weil sich um die Wehrfähigkeit kein Mensch mehr sorgt, wie bei uns in Österreich und in halb Europa, aber das ist nicht das Thema. 

Armer Lars

Thema ist jedoch schon, dass man schwarz sieht. Zappenduster ist es. Wir rollen mit 20 Sachen geradeaus. Plötzlich steht Lars vor uns, und deshalb latschen wir blitzartig heftig auf die Bremse. Und schon falsch gemacht. Je­denfalls, hinsichtlich des Übungsszenarios. "Trau dich", sagt Andreas Runhäll, und dann traut man sich halt. Lars ist ein Dummy, es geht um Fußgängererkennung in der Dunkelheit, und jetzt, ja jetzt – kracht es nicht etwa, sondern der Volvo legt eine Vollbremsung hin und bleibt vor Larsen stehen.

Wie gesagt, eine höchst ehrenhafte Vision, die von der unfallfreien Zukunft. Damit ist Volvo mit Sicherheit zukunftstauglich. (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 5.7.2013)