Auf der Skala zwischen SUV und Geländewagen belegt Porsche die SUV-Position - aber eine ungewöhnlich sportliche. Dass ein Selbstzünder so klingen kann, war dann aber doch überraschend. Blubbern inklusive

Hört man von einem Auto mit 382 PS, 4,2-Liter-V8, 5,7 Sekunden für den Sprint auf 100 km/h und 252 Sachen Spitze, schließt man auf: Sportwagen. Und liegt damit hier:  falsch. Zwar stammt der Wagen von Sportwagenmanufakteur Porsche, die Macht ist ja stark in dieser Familie, würde ein Jedi-Ritter sagen. Aber: Cayenne? Sicher nicht. Also, sicher kein Sportwagen. Sondern SUV. Groß-SUV. So erwachsen, dass sich frühmorgens in der Standard-Garage sogar unser Geschäftsführer animiert fühlt, kurz Probe zu sitzen.

Foto: porsche

Wenn sich der geschätzte Herr B. nun schon von der Innenraumgestaltung beeindruckt zeigt, auch vom Sound des kurz angeworfenen Triebwerks (richtig, das Zündschloss sitzt bei Porsche links), so reiht er sich ein in eine lange Liste. Und damit über einen kurzen Schlenkerer gleich wieder zurück zur Motorisierung.

Foto: der standard/fischer

Als vor wenigen Jahren die Verbrauchsdebatte in Kombination mit dem SUV-Bashing den Höhepunkt erreichte, stand ein Fahrzeug als Sündenbock besonders im Mittelpunkt, der Cayenne. Porsche rieb sich erst einmal die Augen, was, wie, kann das sein, auf uns peckt man hin?, dachte dann kurz nach und entschied sich für einen Kulturbruch. Diesel musste her. Diesel kam.

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Die harten Markenfans, die nicht schon deshalb zum Psychiater gelaufen waren, weil Porsche außer Sportwagen auch ein SUV baute, legten sich jetzt garantiert auf die Couch, so ein Trauma kriegt man womöglich nie mehr ganz weg. Das Marketing hingegen frohlockte: SUV und Diesel war eine Idealkombineige , auch hinsichtlich öffentlicher Meinung, und Porsche war ruck, zuck wieder raus aus den Negativschlagzeilen.

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Ja, und nun das. Ein Diesel, der gar nicht nach Diesel klingt. Einer, der sogar ein bisserl wie ein Benzi­ner blubbert, wie unser Fotograf sogleich freudig feststellte. Ein Diesel weit jenseits des bewährten 3,0-Liter-V6 mit 245 PS, mit geradezu überschäumender Leistung. Einer mit echter Porsche-Potenz.

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Und ein Diesel, der trotzdem beim Verbrauch nicht über die Stränge schlägt: Auf rund zehn Liter auf 100 km wird man im Fahralltag wohl kommen. Damit ist das eindeutig kein ganz Böser, sondern allenfalls einer, den man ab und zu ins Ohrlapperl zwickt.

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Dabei ist der Cayenne Porsches eierlegende Wollmilchsau. Der im schönen Leipzig gebaute Wagen ist ein echter Alleskönner, mit viel Platz für Passagiere und Gepäck. Der kann auf der Autobahn, kann auf der Landstraße, ja, der kann sogar dort, wo die Straßen zu Ende sind. Kein Wunder, dass er seit Jahren der meistverkaufte aller Porsches ist, obwohl sich das demnächst ändern wird: Noch heuer im Herbst debütiert der Macan, ein deutlich kompakteres SUV, das den Cayenne dann stückzahlmäßig gleich einmal ablösen wird.

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Indes, verweilen wir noch ein wenig beim S Diesel. Innen ist geschäftige Bewegung - nein, falsch, das war die Schiller-Abbiegung, Wallenstein. Richtig muss es heißen: Innen herrscht gepflegte Atmosphäre, fiel ja auch unsrem Geschäftsführer gleich ins Auge. Man suchte und fand die rechte Balance zwischen Sportlichkeit und Luxus.

Foto: porsche

Und alles ist auf den fahraktiven Zugang getrimmt: Am Lenkrad keine 20 Knopferl zum Spielen, sondern nur in die Speichen integrierte Schaltwippen (für den Fall, das man der 8-Gang-Automatik bei der Entscheidungsfindung einmal behilflich sein möchte). Und sonst nichts. Hinter dem Schaltknauf die Menükarte: Hätte die Dame/der Herr heute gern die Comfort-Auswahl? Nein? Normal? Aha, doch lieber Sport. Also gut. Rein damit, auf geht's.

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Straff gefedert und mit konzentriert direktem Zug bei Lenkung, Kraftentfaltung und - nein, Schluss damit. Der Cayenne ist schließlich ein SUV, kein Sportwagen. Oder doch? Nein, wirklich nicht. Allerdings, wo Porsche draufsteht, ist Porsche drin. Und damit ist der Cayenne immerhin der Sportwagen unter den SUVs.

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Bleibt abschließend nur noch mit Nestroy zu klagen: Die Phönizier haben das Geld erfunden - aber warum so wenig? (Andreas Stockinger, DER STANDARD, 5.7.2013)

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Hinweis im Sinne der redaktionellen Leitlinien: Die Teilnahme an internationalen Fahrzeug- und Technikpräsentationen erfolgt großteils auf Basis von Einladungen seitens der Automobilimporteure oder Hersteller. Diese stellen auch die hier zur Besprechung kommenden Testfahrzeuge zur Verfügung.

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