Eine von der Justizministerin eingesetzte Reformgruppe soll bis in einem Jahr über die Eckpunkte eines völlig neuen österreichischen Mietrechts verhandeln.

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Ein neuer Anlauf zur Reformierung des Mietrechts wurde soeben gestartet, doch die alten Animositäten zwischen Mieter- und Vermietervertretern scheinen zumindest vorerst bestehen zu bleiben. Genauer betrachtet ist das keine Überraschung, denn schließlich sieht Arbeiterkammer-Präsident  Rudolf Kaske genau in dem Umstand, dass ÖVP-Justizministerin Beatrix Karl zunächst nur eine Arbeitsgruppe einsetzte, anstatt selbst initiativ zu werden, eine "Verzögerungstaktik". Nach Ansicht Kaskes meint es Karl deshalb "möglicherweise nicht ganz ernst mit dem Thema Mietenreform".

Reformgruppe tagte erstmals

Diese Reformgruppe hielt jedenfalls am Montag dieser Woche ihre erste Sitzung ab, sie verlief nach Aussagen mehrerer Beteiligter relativ unspektakulär. Es habe noch keinen Austausch von Forderungspapieren gegeben und man sei überein gekommen, zunächst einmal abzuklären, wie groß die Unterstützung der Politik für die Reformgruppe eigentlich sei, heißt es. Grundtenor: Es mache absolut keinen Sinn, ein Jahr lang an einem breiten Reformkonzept zu arbeiten, das dann politisch keine Chance auf Umsetzung habe.

Obwohl nun noch für Anfang September eine nächste Sitzung anberaumt wurde, wird es also vermutlich sehr auf den Ausgang der Nationalratswahl am 29. September ankommen, wie viel an politischem Pouvoir der Gruppe mit auf den Weg gegeben wird. Nach Ansicht von ÖVI-Geschäftsführer Anton Holzapfel müsste jedenfalls eine "komplette Neukodifikation" des gesamten Mietrechts auf die Agenda kommen.

"AK blockiert Wohnbauinvestitionen"

Fragt sich nur, ob es den Vertretern der von Karl zur Teilnahme eingeladenen Organisationen schlussendlich gelingen wird, ihre jeweiligen weltanschaulichen Grenzen zumindest ein Stück weit zu überwinden. Die seit Jahren nahezu identisch ablaufenden argumentativen Scharmützel zwischen Mieter- und Vermietervertretern gingen jedenfalls auch am heutigen Mittwoch weiter.

Da gab die Arbeiterkammer zunächst eine Pressekonferenz, in der Kaske und Gabriele Zgubic, Leiterin der Abteilung Konsumentenpolitik, einmal mehr auf die aus ihrer Sicht größten Missstände hinwiesen: Es gebe bei privaten Altbau-Mietverträgen einen "regelrechten Wildwuchs" bei den Zuschlägen zum Richtwert bei gleichzeitiger nahezu völliger Abwesenheit von Abschlägen (die ja immerhin theoretisch möglich wären). Weiters seien die unbefristeten Verträge mittlerweile stark in der Minderzahl, und der gesetzlich vorgeschriebene 25-prozentige Abschlag vom Mietzins bei Befristungen werde in der Praxis kaum eingehalten. Generell werde nämlich an Mieten das verlangt, "was der Markt hergibt".

"BK-Katalog ausmisten"

Befristete Mietverträge sollte es nur noch in Ausnahmefällen geben dürfen, etwa wenn beim Vermieter Eigenbedarf vorliegt, schlug Kaske vor. Die Zu- und Abschläge zu den Richtwerten müssten weiters genauer definiert werden, und auch der Betriebskostenkatalog sollte seiner Ansicht nach "ausgemistet" werden. Wäre es Vermietern nämlich nicht mehr gestattet, Grundsteuer, Versicherungskosten und Verwaltungsgebühren ihren Mietern weiterzuverrechnen, würde sich ein Haushalt in einer 80 Quadratmeter großen Wohnung 720 Euro im Jahr sparen, so Kaske.

Ebenso postwendend wie brüsk wurden die AK-Forderungen vom WKÖ-Fachverband der Immobilientreuhänder zurückgewiesen. Beide Organisationen sind in Karls Reformgruppe vertreten.

"Obergrenze bringt Einheitsmiete"

"Eine Obergrenze für die Zuschläge ist nicht akzeptabel", schrieb Michael Pisecky, Obmann der WKÖ-Fachgruppe Wien, in einer Aussendung. "Eine Umsetzung würde quasi zu einer Einheitsmiete führen, das Angebot an Wohnungen reduzieren und damit die Knappheit an Wohnungen verschärfen sowie die Wohnqualität mittelfristig senken." Das Richtwertsystem funktioniere in allen Bundesländern, nur im einkommensstärksten Land Wien nicht, weil der Richtwert hier "seit Jahrzehnten künstlich so niedrig gehalten wird, dass Investitionen in Sanierungen und die Schaffung von neuen Wohnungen schon jetzt blockiert sind".

Immerhin schwang in Piseckys Aussendung auch ein bisschen professionelle Zuversicht mit: "Ein neues, für Mieter und Vermieter transparentes, gerechtes Wohnrecht, das auch die ständig steigenden Anforderungen an die Wohnqualität und damit steigenden Investitionen in den Wohnbau berücksichtigt und so Anreize für Wohnraumschaffung bewirkt, wird sicher von allen betroffenen Parteien mitgetragen." (red, derStandard.at, 3.7.2013)