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Die Präsidentenmaschine bei der Zwischenlandung auf Gran Canaria

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Vor der französischen Botschaft in La Paz brennen Flaggen

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Dienstagnacht ist das Flugzeug von Boliviens Präsident Evo Morales am Flughafen Wien-Schwechat gelandet. Geplant war das nicht. Spanien und Frankreich hatten der Maschine kurzfristig die Überfluggenehmigung entzogen. Grund war das Gerücht, dass sich der ehemalige US-Geheimdienstmitarbeiter und Whistleblower Edward Snowden an Bord aufhielt. Morales hatte an Snowdens mutmaßlichem Aufenthaltsort Moskau eine internationale Konferenz besucht und befand sich auf dem Rückflug nach La Paz.

Noch in der Nacht hielt der mitreisende bolivianische Verteidigungsminister Rubén Saavedra eine Pressekonferenz im VIP-Bereich des Flughafens Schwechat ab. derStandard.at war vor Ort und twitterte auch über die Ereignisse während der Nachtstunden.

Unterschiedliche Versionen

Um die tatsächlichen Genehmigungen und Sperren entspann sich nach dem Weiterflug von Morales ein Streit. Spaniens Außenminister dementiert, dass es keine Überfluggenehmigung gegeben habe. Die Erlaubnis zu einer Zwischenlandung auf Gran Canaria, wo das Flugzeug tanken hätte sollen, hätte man ebenfallls erteilt, sagte José Manuel García-Margallo in Madrid. Vertreter Boliviens argumentieren hingegen, dass man mit der Landung auch einer Inspektion durch spanische Behörden zustimmen hätte müssen, und man sich deshalb dagegen entschied. Außenminister García-Margallo stellte die Inspektion in Abrede.

Frankreich bedauert

Frankreich hat die Probleme bei den Überflugrechten für das Flugzeug von Morales bedauert. Der französische Außenminister Laurent Fabius habe sich bei seinem bolivianischen Kollegen David Choquehuanca telefonisch entschuldigt, teilte die Regierung in Paris am Mittwoch mit.

Frankreichs Präsident Francois Hollande erklärte, es habe "widersprüchliche Informationen" über die Passagiere an Bord gegeben. Als er aber erfahren habe, dass es das Flugzeug des bolivianischen Präsidenten gewesen sei, habe er unverzüglich die Überfluggenehmigung erteilt, sagte Hollande in Berlin.

Südamerikanische Staaten empört

Die Mitglieder des südamerikanischen Staatenbunds UNASUR reagierten am Mittwoch empört auf das Vorgehen und wollen eine Sondersitzung zur erzwungenen Zwischenlandung einberufen. Ecuadors Staatschef Rafael Correa und seine argentinische Kollegin Cristina Fernandez de Kirchner forderten schon in der Nacht auf Mittwoch die Einberufung einer außerordentlichen UNASUR-Sitzung, um gegen das Überflugverbot für das bolivianischen Präsidentenflugzeug durch mehrere europäische Staaten zu protestieren.

Snowden nicht an Bord

Schon in der Nacht bestätigte Alexander Schallenberg, der Sprecher des österreichischen Außenministers, dass sich Snowden nicht an Bord der Maschine befand. Laut Außenminister Michael Spindelegger (ÖVP) hatte Bolivien eine "freiwillige Nachschau" österreichischer Beamter im Flugzeug gestattet. Morales allerdings bestritt, dass jemand an Bord gewesen sei, auch die Anwesenheit Snowdens im Flugzeug sei lediglich ein Gerücht gewesen.

"Wir wissen nicht, wer diese Lüge erfunden hat", sagte Verteidigungsminister Saavedra. Portugal und Frankreich hätten der Maschine plötzlich die Überfluggenehmigung verweigert, daraufhin sei sie am späten Dienstagabend nach Wien umgeleitet worden. Auch Spanien und Italien hätten einen Überflug verweigert.

Bolivien will Beschwerde bei UN einlegen

Boliviens UN-Botschafter Sacha Llorenti Soliz will offiziell Beschwerde bei den Vereinten Nationen gegen die Durchsuchung des Flugzeugs einlegen. Die Durchsuchung sei ein Akt der Aggression und eine Verletzung internationalen Rechts. "Wir haben keinen Zweifel, dass es sich dabei um einen Auftrag des Weißen Hauses handelte", sagte Llorenti. "Unter keinen Umständen sollte ein diplomatisches Flugzeug mit dem Präsidenten an Bord von seiner Route abgelenkt und zu einer Zwischenlandung in einem anderen Land gezwungen werden."

Dem widersprach Außenministeriumssprecher Alexander Schallenberg. Es habe sich lediglich um eine Formalität gehandelt, Beamte der österreichischen Flughafenpolizei hätten erst nach Zustimmung Morales' Zutritt zur Maschine erhalten. Es gebe keinerlei diplomatische Verstimmungen deswegen. Morales war zum Zeitpunkt der "freiwilligen Nachschau" nicht in der Präsidentenmaschine.

Morales: "Snowden ist keine Fliege"

Morales selbst gibt sich jedenfalls wenig erfreut über den unfreiwilligen Zwischenstopp in Wien: "Ich kann nicht verstehen, warum sie mich festhalten, weil ich Herrn Edward Snowden dabeihaben soll. Die USA und die meisten europäischen Staaten verfügen über Geheimdienste, und dieser Herr ist nicht in einem Koffer und er ist auch keine Fliege, die ich ins Flugzeug stecken und nach Bolivien mitnehmen kann."

Auch Fischer bei Morales in Schwechat

Morales und sein Team verbrachten die Nacht in Wien-Schwechat. Seit den frühen Morgenstunden lief die diplomatische Maschinerie in Österreich auf Hochtouren. Präsident Heinz Fischer eilte ebenso auf den Flughafen wie Spindelegger. Während die Oppositionsparteien FPÖ, Grüne und BZÖ das Vorgehen der Regierung kritisierten, lobte der Leiter der Diplomatischen Akademie in Wien, Hans Winkler, Bundespräsident Fischer und Außenminister Spindelegger. Im Ö1-Interview sprach Winkler von einem "unglaublich korrekten" Verhalten.

Mittlerweile ist die bolivianische Präsidentenmaschine Richtung Spanien weitergeflogen. Morales übte vor seinem Abflug noch scharfe Kritik an den Ländern, die ihm die Überfluggenehmigung verweigert hatten. Die für seine Festhaltung in Wien verantwortlichen Länder hätten einen "historischen Fehler" begangen. (red, derStandard.at, 3.7.2013)