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"Bauchfett ist nicht nur böses Fett, es wird auch bevorzugt unter Stress gebildet", sagt Co-Studienleiter Harald Esterbauer.

Foto: ap/Joerg Sarbach

Wien - Unter erhöhter Belastung werden vom menschlichen Organismus vermehrt Glukokortikoide (körpereigenes "Cortison") als Stresshormone ausgeschüttet, die auch mit der Bildung von Übergewicht assoziiert sind. Bisher war nicht geklärt, warum dabei das Fettgewebe vornehmlich im Bauch als viszerales Fett gebildet wird.

Wissenschaftler der MedUni Wien im AKH haben nun eine Kette von molekularen Mechanismen identifiziert, die durch die Bildung von Glukokortikoiden angekurbelt werden. Dabei sind das Glukokortikoid-abhängige Gen "LMO3" und das Enzym 11ßHSD1 die entscheidenden Faktoren: Veränderungen in der Bildung von LMO3 spielen eine wichtige Rolle bei der Umverteilung des Fettgewebes in Richtung Bauchfett - diese Veränderungen werden durch den höheren Glukokortikoid-Spiegel und durch das Enzym 11ßHSD1 angestoßen.

Bauchfett wird bevorzugt durch Stress gebildet

"Das Enzym ist sozusagen das Ladegerät für LMO3, das dann die Umverteilung vollzieht", erklärt Studienleiter Martin Bilban. So konnten die Studienautoren zeigen, dass LMO3- und 11ßHSD1-Spiegel im Bauchfett adipöser Patienten eng korrelieren. Darüber hinaus fördern beide auch die Fettzellbildung. Auf molekularer Ebene wirkt LMO3 stimulierend auf das PPAR-Gamma-Gen, das die Produktion von Fettzellen kontrolliert.

Generell wird zwischen zwei Fettdepot-Typen unterschieden: zwischen viszeralem (innerem) Bauchfett und subkutanem Fettgewebe, das unter der Haut sitzt. Das Fettverteilungsmuster ist ein wichtiger Faktor für das Gesundheitsrisiko bei Übergewicht und Adipositas. Bei zu viel Bauchfett - dem für Männer typischen Fettverteilungstyp - erhöht sich das Risiko für ernsthafte Probleme wie Typ 2-Diabetes, Schlaganfälle, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und mehrere bedeutende Krebsarten. "Bauchfett ist nicht nur böses Fett, es wird auch bevorzugt unter Stress gebildet", so Co-Studienleiter Harald Esterbauer.

Fettansammlung durch Blockade von LMO3 verhindern

Die Entschlüsselung dieses molekularen Mechanismus könnte laut den Experten in Zukunft dazu beitragen, neue Therapiemöglichkeiten für das metabolische Syndrom (viszerale Fettleibigkeit, Bluthochdruck, erhöhte Blutfette und Insulinresistenz) zu entwickeln. So wäre es denkbar, die Ansammlung von viszeralem Fett durch eine Blockade von LMO3 gezielt zu verhindern.

Grundsätzlich haben Glukokortikoide vielfältige wichtige physiologische Aufgaben im menschlichen Körper: Sie beeinflussen den Stoffwechsel, den Wasser- und Elektrolythaushalt, das Herz-Kreislaufsystem sowie das Nervensystem. "Ohne sie können wir nicht leben", erläutert Esterbauer.

Störungen des Glukokortikoid-Haushaltes können sich im sogenannten Cushing-Syndrom zeigen. Auslöser dieses Syndroms sind entweder eine körpereigene Überproduktion oder die langanhaltende Einnahme von Cortisonpräparaten. Beides erhöht das Risiko für das metabolische Syndrom - unter anderem durch eine vermehrte Bildung von viszeralem Fettgewebe. Die Studie wurde nun im Journal "Cell Metabolism" veröffentlicht. (APA/red, derStandard.at, 3.7.2013)