Ein Arbeitnehmer hatte Überstunden geleistet und dafür mit seinem Arbeitgeber Zeitausgleich vereinbart. Er erkrankte jedoch einen Tag vor seiner Abwesenheit und meldete sich für vier Tage krank.

Der Arbeitnehmer war der Meinung, sein Überstundenguthaben nicht verbraucht zu haben; schließlich sei er krank gewesen. Stattdessen forderte er von seinem Arbeitgeber Überstundenentgelt für die offenen Überstunden.

Das Berufungsgericht gab dem klagenden Arbeitgeber zunächst recht: Ein kranker Arbeitnehmer könne das Guthaben an Überstunden nicht verbrauchen. Der Oberste Gerichtshof teilte diese Auffassung jedoch nicht (OGH 29. 5. 2013, 9 ObA 11/13b). Nach Ansicht des Höchstgerichts ist Zeitausgleich nämlich lediglich eine bezahlte Freistellung von der Arbeitspflicht.

Anders verteilte Arbeitszeit

Durch die Vereinbarung wird die Arbeitszeit anders verteilt. Im Unterschied zum Urlaub steht dabei nicht der Erholungszweck im Vordergrund. Ziel ist eine Annäherung an die durchschnittliche Arbeitszeit. Zeitausgleich stellt sohin eine Phase der Freizeit dar. Erkrankungen während der "Freizeitphase" sind aber ohne rechtliche Relevanz (9 ObA 182/05p).

Die OGH-Entscheidung schafft Klarheit für die Praxis. Erkrankungen während des Verbrauchs von Zeitausgleich haben keine Auswirkungen auf das Arbeitsverhältnis. Arbeitnehmer können in ihrer Freizeit zwar faktisch krank sein. Sie können aber nicht arbeitsunfähig im Rechtssinne sein, da keine Arbeitspflicht mehr besteht. (Silva Palzer, DER STANDARD, 3.7.2013)