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Einen Schulterklopfer erhielt Bundeskanzler Werner Faymann (rechts) am Dienstag. Doch OECD-Generalsekretär Ángel Gurría sieht auch "eine Reihe von Herausforderungen".

Foto: EPA/Schlager

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Grafik: APA

Wien - Viel Lob hatte Ángel Gurría im Gepäck. Alle zwei Jahre stellt die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) Österreich in einem Länderbericht ein Zeugnis aus. OECD-Generalsekretär Gurría verteilte dabei am Dienstag gute Noten. Das Land sei besser aufgestellt als viele andere Industrienationen, gerade auch dank der "wesentlichen Stütze der Wirtschaft, den kleinen und mittleren Unternehmen".

Trotz der Rezession in vielen Ländern Europas werde Österreich in diesem Jahr mit 0,5 Prozent und 2014 mit 1,7 Prozent wachsen, schätzen die Ökonomen der Pariser Organisation. "Eine Gesellschaft, der es gut geht", befindet der OECD-Chef bei der Präsentation des Berichts, bei dem die Experten stärker als bisher üblich auch soziale Faktoren analysiert haben. Damit das auch so bleibt, hat die OECD auf 144 Seiten auch Maßnahmen eingefordert. "Es gibt eine Reihe von Herausforderungen", betonte Gurría am Dienstag vor Journalisten.

Migration "Es braucht mehr Anstrengungen für die Integration von Migranten", sagt Andreas Wörgötter. Der Ökonom ist bei der OECD für die Länderberichte zu Deutschland und Österreich zuständig. Denn nach wie vor ist etwa die Arbeitslosigkeit von Migranten doppelt so hoch wie in der übrigen Gesellschaft. "Da wird viel Potenzial vergeudet."

Pensionen Zudem gehe der durchschnittliche Österreicher zu früh in Pension. Bei den Arbeitnehmern zwischen 50 und 64 liegt die Beschäftigungsquote nur bei 57 Prozent, vier Prozentpunkte niedriger als in anderen Industrienationen. Daher sollten laut Meinung der OECD gerade auch die Sozialpartner Pläne erarbeiten, damit Arbeitnehmer länger als bisher im Erwerbsleben bleiben. Im OECD-Schnitt gibt Österreich auch als Folge des frühen Pensionsantritts überproportional viel Geld für Pensionen aus. Die demografische Entwicklung einer alternden Gesellschaft erhöht dabei den Druck auf die Politik: "Die Reformanstrengungen müssen verstärkt werden", sagt Wörgötter.

Gender Das große Lohngefälle zwischen Männern und Frauen sollte möglichst rasch geschlossen werden. Dabei sollte die Politik gerade Frauen, die im Berufsleben stehen wollen, mehr Wahlmöglichkeiten geben. Investitionen in das Kinderbetreuungsangebot stehen dabei für OECD-Fachmann Wörgötter an vorderster Stelle.

Bankensektor "Es sind weitere Maßnahmen nötig, um den Bankensektor zu stärken", empfiehlt die OECD der Regierung. Die heimischen Geldinstitute seien relativ schwach kapitalisiert im Vergleich zur internationalen Konkurrenz. Knapp zwei Prozentpunkte niedriger ist die Eigenkapitalquote heimischer Großbanken im Vergleich zu Banken, die dem Geschäftsmodell nach vergleichbar wären. "Von den international tätigen Banken sollte verlangt werden, dass sie ihre Kapitalbasis stärken."

Tatsächlich bleibt der Bankensektor nach Ansicht der OECD die Achillesferse. So könnte etwa ein wirtschaftlicher Abschwung in einem osteuropäischen Land über das Bankensystem auch nach Österreich überschwappen. Heimische Banken haben in Zentral- und Osteuropa ein Gros ihres Auslandsengagements (siehe Grafik). Damit hätten sie auch ein "hohes Ansteckungsrisiko". (Lukas Sustala, DER STANDARD, 3.7.2013)