Caroline Freifrau von Wangenheim.

Foto: Screenshot: 3sat.de

Endlich ein Thementag auf 3sat, der ganz dem blauen Geblüt, der edlen Blässe derjenigen gewidmet ward, die das gemeine Volk bis heute noch reichlich beschenken. Denn wo wäre unser Tourismus ohne die dekorativen Hinterlassenschaften der alten Herrschaften? Und wer oder was außer denselben treibt die enormen publizistischen Talente des Boulevards immer wieder zu Höchstleistungen an? Man mag sich bürgerlich zieren oder die kulturkritische Nase rümpfen – früher oder später wird doch sogar 3-satlich gehofknickst und der Seifenoper gehuldigt.

Das hatte am vergangenen Sonntag schon auch Kalkül. Sicher hätte da der "Adel verpflichtet"-Tag des Kultursenders kritischer daherkommen können. Aber steckt nicht gerade die Kritik selbst in der Krise? Und wäre es nicht ein Quotenschrumpfer, schnöde in Erinnerung zu rufen, dass diese noble Gesellschaft einst geraubt, gemordet, ganze Erdteile versklavt und schließlich den Ersten Weltkrieg angezettelt hat? Was 3sat zeigte: Die Zeitläufe haben dem Adel sein Wirken ohnehin vergolten, und seine Nachkommen werden dafür abgestraft.

Das darob empfundene Mitleid hält sich in Grenzen, wie Guido Knopp in "Adel auf Abwegen" zeigte. Wenn sich einige europäische Gesellschaften heute noch höfische Popanze halten, dann eben zur possierlichen Partytiger-Fütterung im PR-Zirkus und zur Abfuhr der eigenen Bigotterien. Der Restadel ist zur ewigen Oberfläche in einer Hölle aus Schleim und Peinlichkeit verdammt. Er muss sich passend aufführen, um seiner endgültigen Abfuhr zu entgehen. Die "Adligen" von heute sind, abgesehen von einigen Ölscheichs, ganz bürgerliche CEOs, deren geliehene Reiche keine Grenzen kennen. (Helmut Ploebst, DER STANDARD, 2.7.2013)