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"Apollo" in der Nurejew-Gala des Wiener Staatsballetts.

Foto: apa/HELMUT FOHRINGER

Wien - Neun klassische Werke standen auf dem Programm der alljährlichen Marathongala des Wiener Staatsballetts, mit der Direktor Manuel Legris seinem Mentor Rudolf Nurejew Reverenz erweist. So ein Abend zieht alle Register: Repräsentation, Virtuosität, Hochleistungssport, Eleganz, Schönheit, auch Langeweile und manchmal wirklich großen Tanz.

Für Legris und die Kompagnie ist es eine besondere Gala: Zum einen gedenkt man des 75. Geburtstags und zwanzigsten Todesjahres des russischen Tanzgenies. Und zum anderen gibt es im Rahmen eines dreiwöchigen Gastspiels am Théâtre du Châtelet eine Wiederholung der Gala. Für Legris, ehemaligen Danseur Étoile der Pariser Oper, eine gute Gelegenheit, in seiner Heimatstadt zu zeigen, was er den Wienern beigebracht hat.

Die Gala startet mit einem Highlight des romantischen Handlungsballetts, einem Ausschnitt aus dem zweiten Akt von La Sylphide. Sogar der Wald ist da, in dem beflügelte Luftgeister mit der Sylphide tanzen, die der romantisch verwirrte James anstelle seiner Verlobten ehelichen will. Maria Yakovleva und Masayu Kimoto bieten dieses "ballett blanc", das das weiße Tutu zum Must aller folgenden Ballettstücke der Zeit machte, bravourös dar. Wobei man sich manchmal, ganz ehrlich, wünschte, dass die hervorragenden Tänzerinnen nicht ständig und vor allem beim Abgang so eine outrierte Pose einnehmen würden. Ein bisschen Distanz im Brecht' schen Sinne stünde auch klassischen Tänzern gelegentlich gut an.

Die Vorschau auf die kommende Saison - ein Pas de cinq aus Schwanensee (Choreografie: Nurejew) - kam noch nicht ganz sicher über die Bühne. Großartig getanzt dafür ein Pas de deux aus Mayerling, choreografiert von Kenneth MacMillan. Irina Tsymbal (Mary Vetsera) und Kirill Kourlaev (Kronprinz Rudolf) harmonierten als bewährte Erste Solotänzer in der anspruchsvollen Choreografie wunderbar. Gelungen auch Vaslaw, John Neumeiers Hommage an einen großen Tänzer: Vaslaw Nijinsky, verkörpert von Denys Cherevychko.

Nach der ersten Pause tanzte Manuel Legris mit Gastsolistin Aurelie Dupont (Pariser Oper) ein Pas de deux aus Sylvia (Choreografie: Neumeier). Unprätentiös, technisch erstklassig und mit Humor kann Legris den Jungen allemal das Wasser reichen. Ihm und Dupont gelang es, so etwas wie "laid back" zu tanzen. (Wie cool ältere Tänzer sind, konnte man am leider nicht mehr bestehenden Seniorenensemble NDT3 des Nederlands Dans Theater Jiri Kylians sehen. Ewig schade darum.)

Weniger Tanz als Zirkus war der von Kiyoka Hashimoto und Mihail Sosnovschi getanzte Pas de deux aus Diana und Aktäon von Agrippina Waganowa. Entsprechend reagierte das Publikum und klatschte begeistert nach jeder gelungenen Sprung- und Drehsequenz. Nach Nurejews Dornröschen mit viel edlem Glitzer, virtuos, aber auch langweilig. ein Meisterwerk neoklassischen Balletts: Apollo von George Balanchine (Musik: Igor Strawinski) setzt immer noch choreografische Maßstäbe, wunderbar getanzt von Roman Lazik, Olga Esina, Nina Polakova und Ketevan Papava.

Zum Finale ein von Olga Esina und Vladimir Shishov brillant getanzter Balletthadern alter Art: Raymonda (Choreografie: Nurejew) fordert auch ein Corps de ballet und kann als Leistungscheck einer Kompagnie herhalten. Das Wiener Staatsballett besteht diesen bravourös, unterstützt durch die beherzte musikalische Leitung von Kevin Rhodes. (Barbara Freitag, DER STANDARD, 1.7.2013)