Würden Sie sich eine Spielkonsole von Google oder Apple kaufen?

Foto: Google

Nach den aufregenden News-Wochen um die nächste Konsolengeneration von Sony und Microsoft ließ Ende der Woche ein Bericht über sich anbahnende Spielkonsolen von Google und Apple aufhorchen. Überraschen konnte diese Meldung allerdings nicht, da sich beide Konzerne bereits mit ihren Mobile-Plattformen Android und iOS als Betreiber von Games-Ökosystemen etabliert haben. Die Verlagerung dieser Plattformen ins Wohnzimmer ist umso naheliegender, wenn man Apples und Googles langjähriges, aber mäßig erfolgreiches Bestreben berücksichtigt, mit Multimedia-Geräten für den Fernseher Fuß zu fassen.

Die Fragen, die jedoch aufkommen sind, wie die IT-Giganten ihre TV-Gaming-Offensive angehen werden und, ob sie traditionellen Spielkonsolen das Wasser abgraben können.

All-in-one

Es ist schwer vorstellbar, dass Apple oder Google an dedizierten Spielkonsolen vom Schlage einer PS4, Wii U oder Xbox One arbeiten. Zum einen, weil hier Milliardeninvestitionen in Hardware und in ein Segment notwendig sind, das bereits von etablierten Anbietern abgedeckt wird. Zum anderen benötigt es für eine waschechte, leistungsstarke und dementsprechend teure Spielkonsole den Rückhalt und die Unterstützung mittels zugkräftiger Spiele. Weder Apple noch Google haben Erfahrung und Ressourcen in dem Bereich, um ein Äquivalent zu "Super Mario", "Gran Turismo" oder "Halo" als Flaggschiffe für ihre Konsolen entwickeln zu können.

Weitaus realistischer ist, dass sich Apple und Google ihre Mobile-Basis zunutze machen und ihre Ökosysteme mittels iOS- und Android-Boxen aufs Wohnzimmer ausweiten. AppleTV läuft bereits auf iOS und bietet zumindest in einigen Märkten außerhalb Österreichs reichhaltige Film- und Musik-Dienste an - zum Preis von 100 Dollar. Wenn Apple den Sprung auf den Heimkonsolenmarkt wagt, dann wohl über die Integration des App Stores in AppleTV samt hunderttausender Spiele und Programme. Gleiches gilt für Google, mit dem Unterschied, dass der Android-Hersteller erst ein ähnlich populäres Multimedia-Kästchen wie AppleTV auf den Markt bringen muss. Weder Google TV noch der Nexus Q wurden jemals in bedeutender Verbreitung von den Konsumenten angenommen.

Zwei Hürden

Mit der Integration des App Stores oder Google Play Stores in eine Box mit günstiger Mobile-Hardware allein ist es allerdings nicht geschafft. Wäre es so einfach, würden AppleTV-Besitzer bereits vor ihrem Fernseher spielen. Für die Portierung der mannigfachen Smartphone- und Tablet-Inhalte benötigt es auf der einen Seite die übergreifende Unterstützung der TV-Auflösungen. Damit "Angry Birds" und Co. auf dem Full HD-Screen gut aussehen und im richtigen Seitenverhältnis dargestellt werden, müssten App-Entwickler ihre Inhalte anpassen. Eine absolut lösbare Angelegenheit, wie man allein bei den unterschiedlichen Versionen für die diversen Mobile-Endgeräte sieht.

Schon komplexer ist die Übersetzung der Steuerung von der Touchscreen-Eingade auf einen Controller. Für ein zufriedenstellendes Spielerlebnis im Großformat benötigt es ein rodustes und effizientes haptisches Interface. Bei Games wie Shootern und Rennspielen ist es angesichts bereits jetzt schon erhältlicher externer Controller für Tablets und Smartphones vorstellbar, dass Apple und Google zu ihren Boxen einen eigenen Controller bereitstellen würden. Bei den Erlebnissen, die von der Toucheingabe leben, könnten das Smartphone oder das Tablet selbst zum Controller werden - ähnlich wie Nintendos Wii U-Gamepad.

Weshalb der Wechsel?

Technisch ließen sich Mobile-Games also durchaus fit fürs Wohnzimmer machen. Die Frage ist bloß, weshalb? Jemand, der "Hay Day" oder "Doodle Jump" spielen möchte, tut dies bereits auf seinem mobilen Begleiter. Der Sprung auf den großen Bildschirm wird erst sinnvoll, wenn es genügend Inhalte gibt, die durch den kleinen Formfaktor beschränkt werden. "Real Racing" etwa oder "Modern Combat 4" würden mit Controller und in Full HD sicher mehr Freude bereiten.

Gibt es genügend Spiele/Argumente, sein Mobile-Erlebnis zuhause auf dem Fernseher fortzusetzen, ist auch die Anschaffung einer Apple- oder Google-Konsole nicht mehr so abwägig. Zudem hätte das Gespann aus iOS/Android-Mobile und -Heimkonsole den großen Vorteil, dass Spiele überall hin mitgenommen werden können.

Preis vs. Qualität

Das Problem, das beide Konzerne nicht allein bewältigen werden können, ist die Qualität der Spiele. Eine PS4, Wii U oder Xbox One wird gekauft, weil Kunden die besten Games in der dafür perfekten Spielumgebung zocken möchten. Dafür sind sie bereit, viel Geld für neue Werke auszugeben. Das wissen auch die Spielhersteller, weshalb sie es sich leisten können, Millionen in die Games-Entwicklung zu investieren. Zahle ich 60 Euro für ein Spiel, erwarte ich mir dafür die neueste Technik, das beste Gameplay und eine spannende Story.

Der Mobile-Markt ist das genaue Gegenteil davon: Schnelle Unterhaltung zum niedrigsten Preis. Ein Spiel in der Qualität und zum Preis eines "Skyrim" würde hier weder gekauft, noch wirklich erwartet.

Zeitdieb: Casual-Gaming

Es ist daher sehr unwahrscheinlich, dass Apple und Google mit ihren "Spielkonsolen" das Geschäft mit der Kernspielerschaft anvisieren. Zu unterschätzen wäre ihre Initiative dennoch nicht. So wie Smartphones und Tablets zunehmend mehr Spieler (nicht nur Gelegenheitsspieler) bedienen, könnten auch Multimedia-Boxen mit Spielezusatz traditionellen Konsolen immer mehr Freizeit wegnehmen. Der Sprung auf die iOS- oder Google-Konsole ist mit Millionen vorhandenen App Store- und Play Store-Accounts dabei denkbar einfach. Eine Entwicklung, die aber in keinem Fall von heute auf morgen geschehen wird. Und noch länger wird es dauern, bis Spielhersteller in diesen Systemen Potenzial für Hardcore-Games entdecken.

Gleichzeitig ist zumindest in den Anfangsjahren jedoch auch ein Szenario der gegenseitigen Befruchtung denkbar. So wie einstige Nichtspieler durch Handy-Games zu Zockern bekehrt, könnten mit einer Apple- oder Google-Konsole auch TV-Junkies zum Gaming gelockt werden. Wo eine 300, 400 oder dar 500 Euro teure Spielkonsole keinen Zugang zur Außenwelt findet, hätte es eine 100 Euro günstige All-in-one-Box schon einfacher. Und wurde man erst einmal eine Zeit lang durch Gratis- oder 99 Cent-Games angefixt, reizt einen eines Tages vielleicht auch der Sprung in die große Spielwelt. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 29.6.2013)

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