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Da war die Stimmung noch besser. Kanzler Werner Faymann (Mitte) und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (links) auf einer der vielen Vertragsunterzeichnungen im Jahr 2009.

Foto: apa/holzner

Rennen ums Gas aus Aserbaidschan: Die TAP-Pipeline hat gewonnen. Die Nabucco wäre über den Balkan gegangen.

Grafik: Standard

Der Innsbrucker Politikwissenschafter Gerhard Mangott hat Nabucco bereits vor geraumer Zeit für tot erklärt. "Nabucco wird noch 100 Mal sterben und 101 Mal auferstehen". Das soll OMV-Chef Gerhard Roiss' Antwort auf die Totsagung gewesen sein. Nun ist das Nabucco-Projekt tatsächlich gescheitert. Roiss schließt aber den Bau einer eigenen Pipeline am Balkan nun nicht aus.

Nabucco (West) wird demnach kein Gas aus dem großen Gasfeld Shah Deniz II erhalten. In der Früh hatte "Die Presse" bereits darüber berichtet. Gas aus diesem Vorkommen war für die Wirtschaftlichkeit des Projektes zentral. Das Pipeline-Bauvorhaben, an dem der österreichische Mineralölkonzern maßgeblich beteiligt ist, sollte ab Ende 2017 hierzulande für Gas aus dem Feld Shah-Deniz im Kaspischen Meer sorgen.

Gasgeschäft integrieren

Die OMV lässt vorerst offen, wie sie nun mit dem Projekt weiter vorgehen will. Der Konzern werde "Alternativen beurteilen, um die existierenden Versorgungsrouten zu ergänzen", hieß es zunächst in einer Aussendung. In einer Pressekonferenz wurde Roiss konkreter. In ein- bis eineinhalb Jahren werde die OMV wissen, wieviel Erdgas ihr am Schwarzen Meer zur Verfügung stehen. Dann könne man überlegen, über welche Route und in welcher Dimensionierung (Durchmesser) man eine Pipeline benötige.

So gesehen, seien auch die für Nabucco aufgewendeten Planungskosten von 50 Millionen Euro nicht verloren, denn man könne im Fall einer eigenen Gasleitung darauf aufsetzen.

Zu lange, zu teuer

Den Zuschlag hat das Konkurrenzprojekt TAP bekommen, das anstatt über den Balkan über Griechenland und den Meerweg nach Italien fährt. Das Shah-Deniz-Konsortium, gebildet aus den Energieriesen BP (Briten), SOCAR (Aseris) und Total (Franzosen), hat sich für die mutmaßlich günstigere, weil kürzere Variante entschieden. Die Leitung ist mit ihren rund 500 Kilometern nicht einmal halb so lang wie die 1.300 Kilometer lange Nabucco. Durch die Türkei soll das Gas in einer eigenen Pipeline von Türken und Aseris fließen. TAP soll nun ab 2019 zehn Milliarden Kubikmeter Gas nach Europa pumpen - das ist etwa so viel wie der jährliche Gasbedarf Polens - und den Kontinent damit unabhängiger von russischen Gaslieferungen machen.

TAP steht im Eigentum der schweizerischen AXPO (42,5 Prozent), der norwegischen Statoil (42,5 Prozent) und der deutschen E.ON (15 Prozent). Die Gasfeld-Verwalter rund um BP könnten sich bei Fixierung des Zuschlages einkaufen, berichtet das Portal NewEurope.

OMV hofft auf Gasfunde

Bei den von der OMV erhofften Gasfunden im Schwarzen Meer könnte es um sechs Milliarden Kubikmeter Gas jährlich gehen, während die ab 2017/18 für Mitteleuropa angedacht gewesenen zehn Milliarden m3 vom Shah-Deniz-II-Feld nun über die transadriatische TAP nach Süditalien (Brindisi) gehen, angeblich weil Griechenland und Italien dem Konsortium mehr für das Gas zahlen. Eine allfällige "politische Dimension" der Entscheidung des Shah-Deniz-II-Konsortiums wollte Roiss nicht beurteilen.

Rückschläge

Das Nabucco-Projekt musste bereits einige Rückschläge einstecken. So war zuletzt von den ursprünglichen Plänen nur eine abgespeckte Version übrig geblieben: Nabucco-West soll statt im Osten der Türkei erst an der türkisch-bulgarischen Grenze beginnen. Zudem stieg der deutsche Energiekonzern RWE aus dem Firmenkonsortium aus. Beteiligt sind noch die österreichische OMV, die ungarische MOL, die türkische Botas, BEH aus Bulgarien und die rumänische Transgaz.

Wandel am Gasmarkt

Seit dem Beginn der Nabucco-Planungen hat sich der Gasmarkt gravierend gewandelt: Vor einigen Jahren, als russische Erdgaslieferungen nach Europa mehrfach unterbrochen worden waren, erhielt das Projekt noch politische Unterstützung aus Brüssel. Doch seither ist der Gaspreis durch die Wirtschaftskrise, die Importe von verflüssigtem Erdgas und die Möglichkeit eines Überangebots aufgrund der Schiefergasförderung in Nordamerika stetig gesunken. Zudem ist Europa bei der Abhängigkeit der Importe von Russland zweigeteilt: Während Westeuropa weniger betroffen ist, sind Österreich, das Baltikum und Südosteuropa auf russisches Gas angewiesen. (red/APA/Reuters, derStandard.at, 26.6.2013)