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Taksim-Platz am Dienstag: Demonstrieren im Liegen.

Foto: Reuters/Orsal

Istanbul/Washington - Tausende Menschen haben am Dienstag gegen die Freilassung eines türkischen Polizisten demonstriert, der bei heftigen Protesten in Ankara einen Demonstranten erschossen haben soll. In Istanbul zogen die Menschen am Abend zum Taksim-Platz, wo die Polizei weiter starke Präsenz zeigte, wie Augenzeugen berichteten. Demonstrationen gab es auch in mehreren anderen Städten.

Telefonat von Obama und Erdogan

US-Präsident Barack Obama telefonierte unterdessen mit dem türkischen Regierungschef Recep Tayyip Erdogan. Dabei kamen auch die Demonstrationen in der Türkei zur Sprache, wie das Weiße Haus mitteilte. Erdogan habe Obama in dem Gespräch am Montag (Ortszeit) die Lage in seinem Land geschildert. Beide Politiker hätten die "Bedeutung der Gewaltlosigkeit, des Rechts auf freie Meinungsäußerung und Versammlungsfreiheit und einer freien Presse" erörtert, hieß es weiter. Die Polizeigewalt gegen die Demonstranten war international kritisiert worden.

Der wegen eines tödlichen Schusses beschuldigte türkische Beamte war am Vortag aus der Untersuchungshaft entlassen worden. Das in der Hauptstadt zuständige Gericht habe entschieden, dass der Polizist nach dem Stand der Ermittlungen in Notwehr gefeuert habe, berichteten türkische Medien. Er wurde deswegen bis zur Verhandlung auf freien Fuß gesetzt.

Videoaufnahme zeigt Vorgang

Die tödlichen Verletzungen des Demonstranten Ethem Sarisülük sind auf einem Video dokumentiert. Die Videoaufnahme zeigt, wie ein Polizist in Ankara auf einen am Boden liegenden Demonstranten eintritt und dann in ein Handgemenge mit Steine werfenden Demonstranten zu geraten droht. Er feuert aus seiner Waffe und rennt dann mit aufgesetztem Helm und dem Gürtel hängenden Gummiknüppel weg.

Dem Demonstranten war in den Kopf geschossen worden. Er lag mehrere Tage in einem Krankenhaus und wurde dann für hirntot erklärt. In der Türkei hatte es heftige Kritik daran gegeben, dass die Polizeiführung die Identität des mutmaßlichen Schützen zunächst nicht preisgeben wollte. Er wurde dann doch in Gewahrsam genommen. Die Protestbewegung fordert eine Bestrafung von Verantwortlichen für Polizeigewalt.

Die Demonstranten hätten ihn attackiert, zitierte die Zeitung "Hürriyet" den Polizisten. "Sie nahmen meinen Helm und meinen Knüppel. Sie griffen mich an und traten mich. Ich hatte Angst, dass sie mich lynchen. Um mich zu schützen, feuerte ich in die Luft", habe er erklärt. (APA, 25.6.2013)