Bis dato lief für die Grünen in der Vorwahlzeit eigentlich alles wie am Schnürchen. Endlich ist man den Ruf von der zerstrittenen Chaostruppe los und wechselt reihenweise von der Oppositionsbank in die Regierungsbank wie in Wien, Kärnten,

Und nun kommt da ein oberösterreichischer grüner Bundesrat namens Efgani Dömnez daher und rüttelt ganz ordentlich am "grünen Watschenbaum", weil er eine Aussage getätigt hat, die eigentlich auf Wohlwollen der an sich toleranten Grüngemeinschaft stoßen müsste. Dem ist allerdings nicht so, denn alle relevanten Grünpolitiker wiesen Dömnez zurecht und stellten ihm sogar den Parteiausschluss in Aussicht, falls er sich nicht " ausreichend erklären" würde. Verräterisch die Aussage der grünen Landessprecherin in Oberösterreich in dieser Causa: "Demokratie bedeutet, andere Meinungen und deren Äußerung - bei aller legitimen Kritik- zu akzeptieren und in keinem Fall mit Zwangsmaßnahmen zu belegen".

Bei einer engen Interpretation dieser Aussage könnte man meinen, dass die Grünen Wasser predigen, aber (Bio)Wein trinken. Denn Dömnez hat eine eigene Meinung, die er vorher offenbar nicht mit den grünen Wahlstrategen in Wien akkordiert hat und wird - wenn er sich nicht artig entschuldigt - aus der Partei ausgeschlossen, also mit einer " Zwangsmaßnahme" belegt.

Doppelmoral

Diese offen zur Schau gestellte Doppelmoral beweist einmal mehr, dass die politische Hoffnungsbewegung der 80er und 90er Jahre zu einer ganz normalen Partei mutiert ist, wo politische Inhalte ganz brutal strategischen Kalkülen untergeordnet werden. Obwohl es kaum eine Partei mit so vielen Altpolitikern gibt wie bei den Grünen, haben sich die politischen Paradigmen dem Zeitgeist enorm angepasst. Grünchefin Eva Glawischnig kocht sich durch unser Land und "deckt auf", wie viel bzw. wie wenig Bio in unseren Lebensmitteln ist.

Was für urbane Bobos vielleicht interessant sein mag, bewegt die knapp 12 % oder 1 Million Österreicher, die unter der Armutsgrenze leben müssen recht wenig. Aber das Soziale hatte es bei den Grünen auf Grund ihrer Personalstruktur immer schwer, da war man vielfach atmosphärisch dem Tierschutz näher. Und unbequeme Themen, wie die längst fällige Thematisierung über die Trennung von Kirche und Staat greifen die Grünen überhaupt nicht mehr auf.

Die hiesigen Grünen entwickeln sich zunehmend zu einer Partei ohne Eigenschaften, die eigentlich niemanden weh tut und von der SPÖ, aber mehr noch von der ÖVP gerne einmal über den Tisch gezogen wird, wenn es um die Verteilung von Regierungskompetenzen geht (siehe Salzburg). Grün ist leider zu einer matten Farbe auf der parteipolitischen Palette geworden, die nur mehr manchmal glänzt. (Roland Fürst, DER STANDARD, 25.6.2013)