Spezielle Raumkomposition von Luisa Kasalicky: Licht und Dunkelheit wetteifern miteinander.

Foto: FERDINAND NEUMUELLER

Klagenfurt - Der Projektraum Burgkapelle liegt im Dunkeln. Nur die Galerie darf betreten werden. In einer vierminütigen Endlosschleife werden nach und nach Teile der barocken Fresken und Objektinstallationen von Luisa Kasalicky beleuchtet: der Fuß eines Heiligen, eine Reihe Ledergürtel, Kreuz, silberner Vorhang, Ornamente aus Kleiderhaken, ein leeres Stück Wand. Die Anordnung bleibt mystisch, auf eine komplette Ausleuchtung der Kapelle wartet man vergeblich. Der Vorteil ist ein völlig neuer Blick auf die Fresken: Einzelheiten, die im Überfluss bislang untergingen, werden nun vom LED-Licht hervorgehoben. Dazu kommt der Dialog zwischen der gegenständlichen Malerei und den teils abstrakten Objekten der Künstlerin. An einer Stelle wird etwa der illusionistisch gemalte Fliesenboden mit Baumarktfliesen im Raum fortgesetzt.

Frontispiz. Juxtaposition lautet der Titel der Arbeit. Frontispize sind eine Art grafische Inhaltsangabe, die man in älteren Büchern findet. Während in diesen Grafiken einzelne Elemente des Buches in Beziehung gesetzt wurden, weist das Wort Juxtaposition darauf hin, dass eng Zusammenliegendes nicht notwendigerweise zusammenhängt. Mehrdeutig wie der Titel ist auch Kasalickys exakt inszenierte Bildabfolge, die keinen starren Interpretationspfad vorgibt.

Ein kleiner Lichtkegel wandert über den silbernen Vorhang und bleibt an jenen Stellen, an denen sich das Material verändert, kurz stehen. Diese Details wären in einer klassischen Ausstellung kaum jemandem aufgefallen. Dann wird unerwartet zweimal hintereinander dasselbe Gewölbedetail beleuchtet - ein spielerischer Hinweis auf die vorhersehbare Art, wie wir die Welt wahrnehmen. Das Publikum wird seines eigenen Blickes beraubt, um vom Blick Kasalickys verführt, irritiert zu werden. Die Lichtdramaturgie rückt Mehrdeutiges und Verborgenes in den Vordergrund. Tiefgründig. (Martin Mittersteiner, DER STANDARD, 25.6.2013)