Obama und Afrika - das hätte eine innige Beziehung werden können. Doch der erste US-Präsident mit familiären Wurzeln in Afrika hat sich dazu bisher nicht hinreißen lassen. Die Bilanz der US-afrikanischen Beziehungen seit Amtsantritt ist mager, sehr mager. 2009 verschlug es Obama für nicht einmal 24 Stunden nach Ghana. Seitdem hat der Präsident, dessen Vater gebürtiger Kenianer ist, keinen Fuß mehr auf den Kontinent gesetzt. Und auch sonst hält er sich mit Engagement zurück.

Familie Obama 2009 bei einer Abschiedszeremonie vor dem Abflug aus Ghana. Foto: Reuters/Young

Die Distanz zu seinen familiären Wurzeln in Afrika, die Obama möglicherweise aus innenpolitischem Kalkül ganz bewusst setzt, kann jedoch nicht über geopolitische Veränderungen hinwegtäuschen. Die USA verlieren in den letzten Jahren immer mehr an Terrain in Afrika. Mit China gibt es einen starken Konkurrenten, der laufend Delegationen in afrikanische Staaten schickt, die Beziehungen stärkt und Wirtschaftsdeals aushandelt. Das gesamte Handelsvolumen zwischen Afrika und China liegt derzeit bei circa 200 Milliarden Dollar und ist damit doppelt so groß wie das zwischen Afrika und den USA. Nicht umsonst hat den neuen chinesische Staatspräsident Xi Jinping seine erste Auslandsreise deshalb gleich nach Südafrika, Tansania und die Republik Kongo geführt.

Abschottung

Die erste siebentägige Afrika-Reise des US-Präsidenten mit Stationen im Senegal, in Tansania und Südafrika, ist deshalb von wichtiger strategischer Bedeutung. Sie wird entscheiden, ob die Hoffnung der Afrikaner auf eine stärkere Zusammenarbeit mit den USA endgültig passé ist oder nicht. Die aufwendige und kostspielige Planung und Durchführung von Obamas Aufenthalts lassen jedoch schon davor Zweifel aufkommen, ob es dem Präsidenten überhaupt möglich sein wird, ein realistisches Bild von Armut einerseits und der wirtschaftlichen Entwicklung der letzten Jahren andererseits zu erhalten.

Teurer Aufenthalt mit Secret Service

Bis zu 100 Millionen Dollar könnte der Besuch der "First Family" den US-Steuerzahler kosten, so genau will man sich im Weißen Haus noch nicht dazu äußern. Für die Gewährleistung der Sicherheit des Präsidenten wird die gesamte Entourage des Secret Service mitgebracht. Eigene Frachtflugzeuge sollen 56 Fahrzeuge, darunter 14 Limousinen und drei Lastwägen mit schusssicherem Glas nach Afrika transportieren. Für eine Safari-Tour der Familie Obama und den Fall, dass es ein Löwe auf den Präsidenten abgesehen hätte, wären extra Scharfschützen engagiert worden. Dieser Programmpunkt wurde dann aber doch zugunsten eines Besuchs von Robben Island, jener Gefängnisinsel, auf der Nelson Mandela in Haft war, gestrichen. Ein ursprünglich geplantes Treffen zwischen Obama und Mandela scheint äußerst unwahrscheinlich. Der 94-jährige Nationalheld befindet sich in lebensbedrohlichem Zustand in einem Krankenhaus in Pretoria.


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Um kein erhöhtes Risiko eingehen zu müssen, hat es Obama auch vermieden dorthin zu reisen, wo die USA derzeit Militär stationiert haben. In Krisengebiete wie Mali, Libyen oder Somalia, oder zur US-Militärbasis in Dschibuti. Zwar kommen die USA immer mehr davon ab, selbst bei Konflikten in afrikanischen Staaten zu intervenieren. Mit der Finanzierung und Ausbildung der jeweiligen lokalen afrikanischen Truppen stellt sich jedoch für die USA immer häufiger die Frage, welche menschenrechtlichen Standards angelegt werden müssen. Bericht der UNO oder von Human Rights Watch listen regelmäßig Fälle von Misshandlung, Vergewaltigung und Folter auf, die von lokalen Soldaten an der zivilen Bevölkerung verübt wurden. Genau diese Soldaten werden aber teilweise - wie etwa in Kenia oder dem Kongo - von US-Spezialkräften ausgebildet und unterstützt.

Abhörskandal im Gepäck

Eine klare Strategie scheint der US-Präsident für die Beziehungen zu Afrika nicht zu haben. Anstatt konkreter politischer Direktiven gibt es von ihm bisher nur Papiere, wie zuletzt im Juni 2012 eine schriftliche US-Strategie für das subsaharische Afrika, und vereinzelte Programme, wie die Global Health Initiative oder die Global Climate Change Initiative, die ihren Fokus aber nicht ausschließlich auf afrikanischen Staaten haben. Der große strategische Wurf, eine zündende Idee oder eine denkwürdige Rede blieben in punkto Afrika bisher aus. Mit dem Abhörskandal im Handgepäck wird ein solcher turning point für Obama schwierig werden, auch wenn der Empfang der Bevölkerung wohl von vergleichsweise großer Begeisterung getragen sein wird.

Die Stimmen, die Kritik an (fehlenden) Politik und Engagement in Afrika üben, mehren sich aber auch hier. In Südafrika kündigten einige Gewerkschaften Demonstrationen vor der US-Botschaft an, für die Schließung von Guantanamo soll ebenfalls protestiert werden. Nur mit Appellen an Demokratie und Menschenrechte wird der in den USA unter Druck geratene Präsident nicht mehr viel verändern.

Obama besuchte 2009 ein Krankenhaus in Ghanas Hauptstadt Accra. Foto: AP/Ghanbari

Übrigens: Kenia, das Geburtsland von Barack Obamas Vater, steht nicht auf der Reiseroute. 2010 kündigte Obama in einem kenianischen Fernseh-Interview an, dass es für eine Visite während seiner Amtszeit sicher noch Gelegenheit geben werde. Doch derzeit stehen ihm die politischen Gegebenheiten in Kenia im Weg. Der neue kenianische Präsident Uhuru Kenyatta ist vom internationalen Strafgerichtshof (IStGH) in Den Haag angeklagt, weil er bei Unruhen nach der Wahl 2007 an Verbrechen gegen die Menschlichkeit beteiligt gewesen sein soll. (ted, derStandard.at, 25.6.2013)