Die Staatsdruckerei sollte 200.000 Pässe für den neuen Staat Kosovo liefern. Weil es zu Zahlungsverzögerungen kam, platzte der Auftrag, den nun die deutsche Firma Giesecke & Devrient bekam.

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Prishtina/Wien - Die Affäre um die Lieferung von Pässen aus der Österreichischen Staatsdruckerei (OeSD) an das kosovarische Innenministerium hat vergangene Woche im Kosovo wieder für Aufmerksamkeit gesorgt. Denn die Tageszeitung Koha Ditore veröffentlichte die Vernehmungsprotokolle der EU-Rechtsstaatsmission Eulex mit der Hauptverdächtigten Frau Natali V.. Frau V. warf demnach der OeSD vor, sie habe von korrupten Praktiken nicht nur gewusst, sondern diese auch mitgetragen. Die Staatsdruckerei weist die Anschuldigungen aufs Schärfste zurück.

Der Hintergrund: 2011 gewann die OeSD die Ausschreibung, um 14,13 Millionen Euro 200.000 Reisepässe plus Maschinen in den Kosovo zu liefern. Ab Herbst begannen die Österreicher, Pässe und Equipment zu schicken, und das Innenministerium überwies Geld. Laut Darstellung der OeSD um 1,4 Mio. Euro zu wenig. Die OeSD wandte sich an die Eulex. Der Auftrag ist wegen der Streitigkeiten mittlerweile storniert.

Überweisungen an Firmen

Frau V. behauptete nun laut Koha Ditore, dass ein Verkaufsleiter der OeSD, "der Vordenker" der Schmiergeldzahlungen gewesen wäre. Sie sagte, dass dieser sie beauftragt hätte, hunderttausende Euro von jenem Geld, das das kosovarische Innenministerium an sie überwiesen hatte, an mehrere Firmen zu überweisen. So habe der Verkaufsleiter sie etwa aufgefordert, 200.000 Euro an eine Firma namens Pirro SHPK zu überweisen, 100.000 Euro an die NGA Consulting Bashkepunim, 100.000 Euro an eine "Keramikfirma" und 20.000 Euro an eine Firma namens Construction Beton. Frau V., die Eulex ihre Kontodaten offenlegte, konnte nicht erklären, weshalb das Geld an diese Firmen überwiesen wurde.

Sie behauptete aber laut Koha Ditore, dass der Verkaufsleiter 1,4 Millionen Euro dann als gestohlen gemeldet habe, als ein externer Rechnungsprüfer eine Bilanzprüfung bei der OeSD begonnen habe und der Verkaufsleiter sich vor den Gesellschaftern nicht rechtfertigen habe können. Der kosovarische Innenminister Bajram Rexhepi habe zudem Ermittlungen in die Wege geleitet.

Verdacht mit Geld abgewürgt

Frau V. behauptete weiters, dass sie 475.000 Euro an den mittlerweile entlassenen Beamten des Innenministeriums, Besnik B. übergeben habe. "Auf diesen Betrag haben sich die OeSD und Besnik B. geeinigt", so V. laut den Protokollen. Sie behauptete, dass der Verkaufsleiter bei der Übergabe von Geld an Herrn B. einmal anwesend gewesen wäre. Andere Gesellschafter der OeSD hätten aber nichts über das "kriminelle Schema" gewusst.

Weiters behauptete Frau V., dass eine Schmiergeldzahlung über 80.000 Euro an Besnik B. erfolgt sei, weil "die Slowenen" (offensichtlich meint V. einen slowenischen Mitbewerber) sich bei der Vergabekontrollbehörde beschwert hätten. Das Innenministerium habe daraufhin die Entscheidung der Vergabekontrollbehörde gerechtfertigt und gesagt, dass die "Slowenen" die Voraussetzungen nicht erfüllt hätten. Die OeSD weist alle Behauptungen von Frau V. auf Schärfste zurück: "Die Anschuldigungen der Frau V., die sich nunmehr seit November 2012 in Untersuchungshaft befindet, entbehren jeder Grundlage. ", so Dieter Riedlinger-Baumgartner zum Standard.

Anschuldigungen von Frau V.

Auch gegen den Direktor von Plazidus Management erhebt V. Vorwürfe. Er habe von der Korruption, den Schmiergeldern gewusst. V. sagte laut den Protokollen: Er "war vom ersten Tag an verwickelt und war auch persönlich bevollmächtigt worden und wusste alles." V. behauptete, dass sie einen Teil ihres Gewinns von Plazidus ausbezahlt bekam. Plazidus möchte, da es sich um ein laufendes Verfahren handelt, zu den Vorwürfen keine Stellung nehmen, weist sie aber aufs Schärfste zurück. " Grundsätzlich muss ich anmerken, dass sämtliche Anschuldigungen selbstverständlich nicht der Tatsache entsprechen."

Frau V. behauptet zudem, dass ungefähr jene 1,4 Millionen Euro, die der OeSD abgehen gar nicht für diese bestimmt gewesen seien, sondern für den Zoll, für Firmen, für eine Ausfallszahlung, weil Maschinen nicht funktionierten und für Besnik B. als Schmiergeld. Die OeSD weist dies als Schutzbehauptungen zurück. Riedlinger-Baumgartner: "Die OeSD oder Mitarbeiter der OeSD wurden als Zeugen gehört, aber zu keinem Zeitpunkt als Verdächtige oder Beschuldigte geführt. Die OeSD hat in diesem Zusammenhang auch das internationale Schiedsgericht in Paris als Kläger angerufen."

Mittlerweile wurden sieben weitere Personen ausgeforscht, die von der Eulex als Beschuldigte geführt werden. Die Untersuchungen gehen weiter. Für alle erwähnten Personen gilt die Unschuldsvermutung. (Adelheid Wölfl, DER STANDARD, 24.6.2013)