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Hatte in der entscheidenden Sekunde einen schweren Stand: Kurtley Beale

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13 Punkte der Lions gingen allein auf das Konto von Leigh Halfpenny

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Alex Cuthbert auf dem Weg zum Try.

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Brisbane - Szenen individueller Brillanz und Hochspannung bis zum Schluss brachte das erste Aufeinandertreffen der British and Irish Lions mit Gastgeber Australien am Samstag in Brisbane. Letztlich setzte sich die legendäre Tourneemannschaft aus Europa gegen die Nummer drei der Rugby-Weltrangliste mit 23:21 durch. Ein Spiel das die Lions über weite Strecken dominierten, hätten sie in den Schlussminuten eigentlich trotzdem verlieren müssen, doch der australische Fullback Kurtley Beale konnte zwei Penalties nicht verwerten - es wären ebensoviele Matchbälle gewesen.

Doch der Reihe nach. 16 Jahre ist es her, seit die Lions letztmals eine (drei Spiele umfassende) Testserie gegen das Nationalteam ihrer traditionellen Tourneeziele Südafrika, Neuseeland oder eben Australien gewinnen konnten. Kein Wunder, dass Routinier Brian O'Driscoll vor dem Anpfiff von einem "unfinished business" sprach. Vier Mal wurde dem Iren bereits die Ehre zuteil, einem Lions-Aufgebot anzugehören, noch nie kehrte er siegreich nach Hause zurück.

Fragen der Interpretation

Vor über 52.000 Zuschauern im Suncorp Stadium kamen die Australier jedoch besser aus den Startblöcken. Gleich zweimal wurden die Lions in der Anfangsphase vom neuseeländischen Referee Chris Pollock im Kampf um den Ball wegen Regelwidrigkeiten bestraft, doch James O'Connor vergab die den Wallabies zugesprochenen Penalty-Kicks. Die Entscheidungen Pollocks scheinen Ausdruck der unterschiedlichen Rugbykulturen in Nord- und Südhemisphäre zu sein. Während in letzterer die sogenannten Breakdown-Situationen eher als Vehikel zum flotten Weiterführen des Spiels interpretiert werden, gelten sie im Norden als klassische Auseinandersetzung Mann gegen Mann. Wie dem auch sei, die Lions fühlten sich unverstanden.

Die erste Angriffswelle der Touristen, initiiert mit einem gewaltigen Drive im Scrum, endete jedoch nicht mit ersten Punkten sondern in einem Fiasko. Will Genia nützte die Schläfrigkeit des Gegners nach einem Pfiff des Referees zu einem flotten Gegenzug, in dessen Fortgang er Israel Folau den Ball per Fuß genial in den Lauf servierte und der Flügelspieler den herrlichen Zug mit dem ersten Try der Partie würdig abschloss.

Ein Unterschied namens Halfpenny

Ehe Leigh Halfpenny nach 23 Minuten mit einem verwandelten Penalty auf 3:7 verkürzte, konnten die Lions zwar ein Übermaß an Ballbesitz vorweisen, doch gefährlicher wirkten nach ihren gelegentlichen Turnovers die blitzschnell vorstoßenden Australier. Die Nervenstärke des Walisers war also gar nicht hoch genug einzuschätzen. Wenig später nahm dessen Landsmann George North das Heft (beziehungsweise den Ball) in die Hand, als er einen ins Blaue gesetzten hohen Kick der Australier im Mittelfeld abfing und danach höchstselbst durch die ungeordneten Reihen des Gegners zum Versuch für die Lions marschierte (26.).

Mit der dank Halfpennys Erhöhung errungenen 10:7-Führung im Rücken, offenbarten die Lions nun eine verdammt breite Brust und brachten den Gegner mit druckvollen Rolling Mauls immer wieder in heftige Schwierigkeiten. North, im Vorfeld als ihre möglicherweise schärfste Waffe gehandelt, kam einem weiteren Try sehr nahe. Doch zum Glück für Australien berührte sein linker Ellbogen den Boden zehn Zentimeter zu früh noch vor der Trylinie. Aber es gab ja noch Halfpenny, der den Polster der Lions nach einer halben Stunde mit drei weiteren Punkten an Umfang zulegen lässt.  

Wer den scheinbar eingeschlagenen Weg Richtung Souveränität je unterbrach, war Folau. In seinem ersten internationalen Test ließ er die Touristen erneut alt aussehen, als er einen Impulstanz zu seinem zweiten Try hinlegte. Doch die Lions blieben vorne, da O'Connor erneut nicht traf. Acht Punkte hatte Australien zu diesem Zeitpunkt schon auf diese Weise liegenlassen. Mit 12:13 ging's also in die Halbzeit, in der der legendäre Lions-Coach Ian McGeechan dem bisher Gesehenen völlig zu Recht höchstes Lob zollte: zwei das Prinzip des Spielens bejahende Teams, gespickt mit Könnern, die mit Raum (so vorhanden) viel anfangen konnten.

Vier Mann out

Nach Wiederbeginn setzte sich zunächst die australische Pechsträhne fort, die am Ende nicht weniger als vier verletzungsbedingte Wechsel in der Hintermannschaft notwendig machen sollte, die im Rugby vorwiegend für den kreativen Part eines Teams zuständig ist. Nach 46 Minuten war für Pat McCabe Schluss, der vorher selbst einen blessierten Kollegen ersetzt hatte. Die permanente Umstellerei war sicher kein Vorteil für das Team des neuseeländischen Coaches Robbie Deans.

Und die Lions schlugen auch sofort zu. Alex Cuthbert, selbstverständlich Waliser, dampfte durch sich in der Zentrale der australischen Verteidigungslinie öffnende Gassen zu einem weiteren Try. 20:12 - war es das nun für die Herren in Rot? Natürlich nicht, denn die Wallabies kamen relativ rasch wieder in Schlagdistanz. O'Connor, der aus unvermasselbarer Lage endlich erstmals anschrieb, sowie der ihn später als Kicker ablösende Kurtley Beale nützten Penaltychancen nun auch aus.

Mangelhaftes Management

Die Lions waren weiter das bessere Team, schlugen aus ihrer Überlegenheit aber zu wenig Kapital. Anstatt vielversprechende Ausgangslagen in umzumünzen, wurde den Australiern mehrfach ein Weg zurück in die Partie ermöglicht. Auch durch das Treffen falscher Entscheidungen. Etwa, als nach 71 Minuten beim Stand von 23:18 ein clever angesetzter hoher Ball des umsichtigen Jonathan Sexton den Gegner schwer unter Druck brachte. Knapp vor der Trylinie optierten die Touristen nach einer Penalty-Entscheidung zu ihren Gunsten für den Scrum (und damit für die Chance auf mehr), anstatt auf sichere drei Punkte aus einem Kick aufs Goal zu setzen. Ob aus Edelmut oder Vertrauen in die eigenen Stärken muss dahingestellt bleiben.

Jedenfalls ging die Sache nach hinten los. Erst verlor man in ebenjenem im Gedränge den Ball, dann mussten sie ihrerseits einen Penalty hinnehmen. Beale, der in den letzten Monaten weniger durch sein Rugby, als vielmehr wegen Alkoholproblemen von sich Reden gemacht hatte, kam sechs Minuten vor Spielende zu Matchball eins. Er scheiterte, die Partie schlug den nächsten Haken.

Da half nur noch beten

Und wieder verspekulierten sich die Lions. Das Vorhaben, in einer Scrumserie die Uhr so routiniert wie endgültig herunterticken zu lassen endete im nächsten Ballverlust. Letzte Minute, 46 Meter bis zum Goal, nächster Auftritt Beale. Sollte der Ball diesmal sein Ziel finden, wäre Australien der Sieg sicher. Tat er nicht, denn im Anlauf rutschte der Australier aus. Drama, Schluss, Aus.

Die Lions schafften das so bedeutende 1:0 in der Testserie, welche sich üblicherweise jenes Team sichert, das auch das erste Spiel für sich entscheiden kann. Doch es gibt Ausnahmen. Wie zum Beispiel 2001 in - ja, Australien. Die Wallabies dürfen sich daran aufrichten. Weiter geht das Programm der Touristen am Dienstag, dann stehen ihnen die Melbourne Rebels gegenüber. Der zweite Test folgt dann am kommenden Samstag ebendort. (Michael Robausch - derStandard.at 22.6. 2013)

ERGEBNIS, erster Test:

Australien - British and Irish Lions 21:23 (12:13), Brisbane (52,499).

Australien - Tries: Israel Folau (2); Conversion: James O'Connor. Penalties: O'Connor, Kurtley Beale (2)

Lions - Tries: George North, Alex Cuthbert; Conversions: Leigh Halfpenny (2); Penalties: Halfpenny (3)

Australien: 15-Berrick Barnes, 14-Israel Folau, 13-Adam Ashley-Cooper, 12-Christian Leali'ifano, 11-Digby Ioane, 10-James O'Connor, 9-Will Genia; 8-Wycliff Palu, 7-Michael Hooper, 6-Ben Mowen, 5-James Horwill, 4-Kane Douglas, 3-Ben Alexander, 2-Stephen Moore, 1-Benn Robinson

Wechselspieler: 16-Saia Fainga'a, 17-James Slipper, 18-Sekope Kepu, 19-Rob Simmons, 20-Liam Gill, 21-Nick Phipps, 22-Pat McCabe, 23-Kurtley Beale

Lions: 15-Leigh Halfpenny (Wales), 14-Alex Cuthbert (Wales), 13-Brian O'Driscoll (Irland), 12-Jonathan Davies (Wales), 11-George North (Wales), 10-Jonathan Sexton (Irland), 9-Mike Phillips (Wales), 8-Jamie Heaslip (Irland), 7-Sam Warburton (Wales), 6-Tom Croft (England), 5-Paul O'Connell (Irland), 4-Alun Wyn Jones (Wales), 3-Adam Jones (Wales), 2-Tom Youngs (England), 1-Alex Corbisiero (England).

Wechselspieler - 16-Richard Hibbard (Wales), 17-Mako Vunipola (England), 18-Dan Cole (England), 19-Geoff Parling (England), 20-Dan Lydiate (Wales), 21-Ben Youngs (England), 22-Owen Farrell (England), 23-Sean Maitland (Schottland).