Bild nicht mehr verfügbar.

Miroslava Nemcová kandidiert für das Amt des Regierungschefs.

Foto: REUTERS/David W Cerny

Nach dem Saubermann nun also eine Sauberfrau. So jedenfalls kommentierte die sozialdemokratische Opposition die Nominierung von Miroslava Nemcová für das Amt des tschechischen Regierungschefs. Die 60-jährige Vizevorsitzende der Bürgerdemokraten (ODS) gilt in der Tat als das unbefleckte Aushängeschild ihrer skandalgebeutelten Partei. Ganz ähnlich wie einst Petr Necas, der scheidende Premier, der bei seinem Amtsantritt 2010 den Kampf gegen die Korruption ausgerufen hatte und nun ausgerechnet über eine Bestechungs- und Bespitzelungsaffäre gestürzt ist.

Nemcová stellt jedoch einen ganz anderen Politikertyp dar als der glücklose Necas. Die in der Wolle gefärbte Parlamentarierin sitzt seit 15 Jahren ununterbrochen im Abgeordnetenhaus. Zwei volle Legislaturperioden war sie dort Vizepräsidentin, 2010 wurde sie zur Präsidentin des Abgeordnetenhauses gewählt. Ein Ministerium hat Nemcová noch nie geleitet, was ihr von politischen Gegnern und einigen Kommentatoren nun als Schwäche ausgelegt wird.

Mangelnde Erfahrung als Vorteil

Ihre mangelnde Erfahrung in der Regierungsarbeit könnte in den Augen der tschechischen Öffentlichkeit jedoch auch ein Vorteil sein. Mit ihrer unaufgeregten und überlegten Rhetorik hat sich Nemcová das Image einer sachlichen Moderatorin erworben, einer Politikerin mit menschlichem Antlitz, der es gelungen ist, sich von Intrigen und Vetternwirtschaft weitgehend fernzuhalten.

Ideologisch ist Nemcová eine unerschütterliche Konservative - verbindlich im Ton, hart in der Sache. Legendär ist etwa ihre Loyalität zu ODS-Gründervater Václav Klaus, die ihr bereits vor Jahren den Spitznamen "Klaus im Rock" eingebracht hat. 2012 wurde sie sogar als dessen Nachfolgerin im Präsidentschaftsamt gehandelt, entschied sich letztlich jedoch gegen eine Kandidatur.

Miroslava Nemcová stammt aus Nové Mesto in Mähren, ist verheiratet und hat einen Sohn. Von 1974 bis 1992 arbeitete sie im tschechischen Statistikamt, danach betrieb sie nahe ihrer Geburtsstadt 15 Jahre lang eine Buchhandlung. In ihrer Zeit als Vizepräsidentin des Abgeordnetenhauses wurde ihr vorgeworfen, ihr Sohn habe ihren Dienstwagen für private Zwecke benutzt. Nemcová bestritt jedes ungesetzliche Vorgehen, gab den Dienstwagen aber dennoch zurück.

Sollte Nemcová von Präsident Milos Zeman ernannt werden, dann wäre sie die erste Frau an der Spitze einer tschechischen Regierung. (Gerald Schubert, DER STANDARD, 21.6.2013)