Präsentiert am Donnerstag sein audiovisuelles Projekt The Trip: Jeff Mills.

Foto: Heart of Noise

Innsbruck - Wer ein Festival für avancierte elektronische Kunst sucht, muss gar nicht zum Sonar nach Barcelona reisen. Denn seit 2011 gibt es in Innsbruck das Heart of Noise des Vereins p.m.k. - eine dreitägige Erkundung der Randzonen zeitgenössischer Multimedia-Ästhetik jenseits des Mainstreams und ein Gipfeltreffen bekannter Elektronikkünstler aus den USA, Großbritannien, Australien, Deutschland und Österreich.

Das Heart of Noise ist mehr als nur eine Abfolge von Konzerten, denn Ohren und Augen werden mit digitaler Medienkunst, der Livevertonung von Filmen, Performances und Klanginstallationen gefüttert. Stand früher die Präsentation einzelner Subgenres elektronisch-experimenteller Musik im Vordergrund, so wollen die Programmverantwortlichen Chris Koubek und Stefan Meister heuer unter dem Titel "Detroit, Berlin And Beyond" historische Entwicklungslinien skizzieren. Etwa die des Detroit Techno: Einer seiner Protagonisten ist Plattenjongleur, Labelgründer und Klangforscher Jeff Mills, der am Donnerstag sein audiovisuelles Projekt The Trip präsentieren wird. Der Afroamerikaner mit Vorliebe für feinen Zwirn veröffentlichte bisher gut 60 Alben und hat Techno wichtige künstlerische Impulse gegeben.

Geprägt wurde er als Kind 1967 von zwei Ereignissen: von den schweren Rassenunruhen in der US-Autometropole und der futuristischen Architektur auf der Expo in Montreal. "Malcolm X trifft Kraftwerk" hieß der Slogan, mit dem Mills und zwei Mitstreiter das Produzentenkollektiv Underground Resistance gründeten. Seitdem sucht der Wahlpariser eine Synthese aus kosmischen Klängen, Science-Fiction-Bildern und Performance.

Ebenfalls der Detroiter Schule verpflichtet ist Gerald Donald, der als Teil des mysteriösen Duos Dopplereffekt heute eines seiner seltenen Konzerte geben wird. Der Konzeptkünstler setzt sich mit Faschismus, Quantenphysik, Biopolitik und Sozialdarwinismus auseinander, seine vielschichtigen Klangexperimente versöhnen den Techno-Tanzboden mit Musique concrète. Ars-Electronica-Preisträger Thomas Köner manipuliert wie Mills Klänge und Bilder. Aus dem englischen Manchester kommt Andy Stott, der auf dem lokalen Label "Modern Love" Techno eine Dub- Dekonstruktion verpasst. Der Brite Mark Fell heckt Klangkollisionen und Verschiebungen digitaler Signale mittels Rechner und Tongeneratoren aus.

Fell veröffentlicht unter anderem auf dem Wiener Label Editions Mego. Dessen Kogründer Peter Rehberg präsentiert am Samstag als Teil des Trios Shampoo Boy - zu dem noch Bassistin und Comfort-Zone-Labelchefin Christina Nemec sowie STANDARD-Kritiker Christian Schachinger an der Gitarre gehören - das jüngst erschienene Album Licht. Ebenfalls heimische Elektronikwertarbeit produziert Elektro Guzzi. Die Wienerin Billy Roisz mischt bei ihren Filmvertonungen und Live-Performances Konzept mit Improvisation. Ein weiterer Höhepunkt verspricht am Samstag der Auftritt von (Sam) Shackleton zu werden.

Seitdem das nordenglische Dubstep-As des Labels Skull Disco 2008 nach Berlin gezogen ist, tüftelt er im Studio des Ex-DDR-Rundfunkgebäudes an abenteuerlichen Soundcollagen. (Gerhard Dorfi, DER STANDARD, 20.6.2013)