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Auch am Mittwoch wurde in Sao Paulo wieder gegen die Fahrpreiserhöhung demonstriert

Foto: EPA/MARCELO CAMARGO

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Soziale Missstände bringen die Brasilianer derzeit auf die Straße. 

Foto: AP Photo/Ivan Pierre Aguirre

Sao Paulo - Angesichts der Massenproteste in Brasilien soll nun auch das Militär für Sicherheit bei den Testspielen der Fußball-WM sorgen. Rund um die Austragungsstätten des Confederations Cups würden Soldaten die örtlichen Sicherheitskräfte unterstützen, teilte das Justizministerium am Dienstag mit. Wenige Stunden zuvor hatte Präsidentin Dilma Rousseff in einer Fernsehansprache Verständnis für die Anliegen der Demonstranten gezeigt und ein Entgegenkommen signalisiert.

Preiserhöhungen werden zurückgenommen

In mehreren Städten kündigten die Behörden an, die umstrittene Preiserhöhung für den öffentlichen Nahverkehr zurückzunehmen. An der Anhebung hatten sich die Massenproteste vor rund zwei Wochen entzündet.

Auch am Dienstagabend gingen wieder zehntausende Brasilianer unter anderem in Sao Paulo und Rio de Janeiro auf die Straßen, um gegen Korruption, Polizeigewalt und schlechte öffentliche Dienste zu demonstrieren. Dabei kam es vereinzelt zu Ausschreitungen. In Sao Paulo warfen einige Demonstranten Fensterscheiben des Rathauses ein. Zudem wurde eine Polizeiwache und ein Übertragungswagen eines Fernsehsenders in Brand gesetzt. Mindestens 20 Menschen wurden festgenommen. Der Bürgermeister von Sao Paulo, Fernando Haddad, zeigte sich bereit, dem Beispiel anderer Regional-Hauptstädte zu folgen und die Preise für Busfahrten doch nicht zu erhöhen. Es müsse dafür aber ein Ausgleich gefunden werden.

Größte Proteste seit 20 Jahren

Allein am Montag hatten insgesamt 200.000 Menschen unter anderem in Sao Paulo, Rio de Janeiro und Brasilia gegen die Bürokratie demonstriert. Es sind die größten Proteste in dem südamerikanischen Land seit 20 Jahren. Viele Menschen beklagen, dass wegen der Fußballweltmeisterschaft Milliarden-Summen in neue Sportstadien gesteckt und zugleich öffentliche Dienstleistungen vernachlässigt würden.

Juninho ruft zu Protestaktion auf

Sogar Ex-Nationalspieler Juninho forderte Brasiliens Fußball-Nationalmannschaft zu einer Solidaritätsaktion mit den Demonstranten aufgefordert. Die Spieler sollten vor der Confed-Cup-Partie gegen Mexiko die Nationalhymne mit dem Rücken zur Landesflagge mitsingen, schrieb der 38-Jährige auf seiner Facebook-Seite.

"Ich glaube, das wäre eine großartige Möglichkeit für die Spieler der Selecao zu zeigen, dass sie an den Wechsel in unserem Land glauben, einen friedlichen Protest unterstützen und nicht das ganze Leid und die Schwierigkeiten ... vergessen haben", erklärte Juninho.

Sechs Prozent Inflation

Nach einem langen wirtschaftlichen Aufschwung in Brasilien wächst die Unzufriedenheit mit der Regierung. Viele Brasilianer sind besorgt, weil die Wirtschaft nicht mehr so stark wächst wie gewohnt und die Preise trotzdem spürbar steigen. So rechnet der Internationale Währungsfonds für dieses Jahr mit einem BIP-Wachstum von drei Prozent und einer Inflationsrate von rund sechs Prozent. Auch die steigende Kriminalität sorgt für Unmut.

Die Massenproteste kommen zu einem kritischen Zeitpunkt für Rousseff, die sich im nächsten Jahr zur Wiederwahl stellen will. So ist Brasilien nicht nur 2014 Gastgeber der Fußball-WM, 2016 sollen dort auch die Olympischen Sommerspiele stattfinden. Bereits im nächsten Monat besucht Papst Franziskus Brasilien zum Weltjugendtag, zu dem zwei Millionen Besucher erwartet werden. (APA, 19.6.2013)