Die Qualität der Küche ist noch aus besseren Naschmarkt-Zeiten ein Begriff.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Ab nun gibt es die vietnamesischen Herrlichkeiten ums Eck vom Schwarzenbergplatz.

Foto: Gerhard Wasserbauer

Familie Lam kam zwar vergleichsweise spät auf den Naschmarkt, wurde dafür in einer kritischen Zeit zu einer seiner wesentlichen Stützen - mit einem grandios sortierten Stand für südostasiatische Lebensmittel ebenso wie mit dem angeschlossenen vietnamesischen Restaurant Phô Sài Gòn, in dem tatsächlich authentisch gekocht wurde. Umso größer erscheint die Lücke, die sich durch ihren Abgang im vergangenen Jahr (offenbar wegen des zusehends rüpelhaften Tons vonseiten eines Nachbarn) aufgetan hat: Bis auf den ebenso wunderbaren wie unbeugsamen Indian Pavilion gibt es damit kein einziges Standl mehr am Markt, das sich den Küchen Asiens auf authentische Weise widmet, was leider ein Armutszeugnis für den Markt ebenso wie für seine Nutzer ist.

Aber was soll's, seit vergangener Woche ist Phô Sài Gòn nämlich wieder da, und das darf uns gleich in mehrfacher Hinsicht freuen. Zum einen, weil die vietnamesische Küche mit ihrem Gefühl für geschmackliche Balance und komplexe Aromen bei absoluter Leichtigkeit wirklich außergewöhnlich toll ist. Zum anderen, weil der neue Standort im ersten Bezirk zuvor ein nicht weiter auffälliges Panasia-Restaurant war und es ermutigend ist, wenn die Entwicklung endlich auch einmal in umgekehrter Richtung funktioniert - ehemals gute Wirtshäuser, die zu All-you-can-eat-Outlets mutieren, hatten wir schließlich genug. Und zum Dritten, weil die Küche des Phô Sài Gòn durch den Umzug noch einmal an Finesse gewonnen hat, die Preise aber so gut wie unverändert geblieben sind.

Nachhaltig im Genuss

Entensalat mit Minze und rotem Zwiebel, eine Komposition, in der Süße, Säure und Schärfe, Frische und Tiefe, Knusper und Schmelz in einer Vorspeise um fünf Euro zusammenfinden, ist von hinreißender Köstlichkeit. Quallensalat, ein Gericht, dessen furchterregender Name in diametralem Gegensatz zu seiner universellen Zugänglichkeit steht, gerät zart, knackig, frisch, vitaminreich. Und ist noch dazu total nachhaltig im Genuss.

Reismehlkuchen mit einer Fülle aus grünen Bohnen (Bild links) in einer hauchzarten Melange aus Fischsauce, Limette, allerhand Kräutern, Knackgemüse und (wichtig für die Süße ebenso wie den Knusper!) ein bissl Röstzwiebel, ist ein Wunder aus Biss und Aromenkombination. Wasserspinat wird nicht, wie sonst oft, mit gar viel Knoblauch niedergebraten, sondern nur ganz kurz im glühenden Wok behandelt, herrlich.

Gemüse in Curry nach Art des Hauses mag ein Rezept für etwas kühlere Tage sein - so wunderbar wie die Gewürze in die Kokossauce eingewoben sind, so köstlich, wie gerade stärkehaltige Knollen (etwa Taro) darin zur Geltung kommen, wäre es geradezu nachlässig, auf seine Bestellung zu verzichten. Ach ja: beachtliche Weinkarte, wie alles hier sehr fair kalkuliert! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 21.6.2013)