Seit Mai 2013 schaut's am Nordufer des Wörthersees dank des restaurierten Badehauses ein wenig wie anno 1895 aus.

Foto: Werzers Hotel Pörtschach

Man wähnt sich in ein anderes Jahrhundert zurückversetzt. In eine Zeit, als die Kutsche noch das Hauptfortbewegungsmittel der Begüterten war, die Kleider lang und züchtig, die Hüte stolz und hoch getragen wurden. Und in der das Wetter, so behaupten wir einmal kühn, besser war als in diesem bisher gar nicht sommerlich anmutenden Sommer 2013.

Wenn man die Augen schließt und den Atem anhält, vernimmt man den Wellenschlag noch um einiges intensiver. Der stoßartig auftretende Wind weht Musikfetzen ans Ohr - als ob weiter weg ein Strandorchester zum Tanz aufspielte. Kinder johlen, Erwachsene tratschen, Gläser klirren. Alles vermischt sich mit allem.

Schlägt man die Augen auf, sieht man im Gegenlicht gekräuselte Wogen rhythmisch Boote heben und senken. Frontal schlagen die Wellen gegen die Holzbrüstung, links und rechts laufen sie am leicht ansteigenden Seeufer aus. Man schaut Kindern beim Fangenspielen zu und ihren Müttern und Vätern, wie sie Fingerfood essen. Die Musik vom vermeintlichen Strandorchester kommt aus einer ganz gewöhnlichen Box. Nur das Ambiente ist etwas ungewöhnlich, jedenfalls für die heutige Zeit: Es ist ein Badehaus, Werzers Badehaus in Pörtschach am Wörthersee.

Denkmalwürdig neu gebaut

Es steht genau dort, wo ab 1895 schon das historische Vorbild gestanden war. Das denkmalgeschützte Haus wurde im Vorjahr mit Zustimmung des Bundesdenkmalamts abgetragen, von Grund auf saniert und wieder aufgebaut. Knapp 5,4 Millionen Euro haben die Besitzer investiert und dabei auch gleich eine Küche sowie ein Angebot für die jungen Gäste, das sogenannte "Kinderland", gebaut. Für die im Winter energieintensive Beheizung des Pools auf mehr als 30 Grad Celsius wird künftig eine eigene Hackschnitzelheizung sorgen.

Seit Mai diesen Jahres ist das Badehaus nicht nur für die Hotelgäste von Werzer geöffnet, sondern auch für externe Besucher zugänglich - samt Liegen, Sauna und Restauration.

"Es war ein schwieriges Projekt", sagt Hoteldirektorin Heidi Schaller im STANDARD-Gespräch. Fünf bis sechs Jahre habe man geplant, die Bauzeit selbst habe acht Monate betragen. Weil auch die öffentliche Hand mitfinanziert hat, war die Zugänglichkeit für externe Gäste eine der Auflagen.

19 Euro kostet der Tageseintritt für Nichthotelgäste, Benützung des Wellnessbereichs inklusive. Wer eine kleine Kabine um 3500 Euro mietet oder eine große um 6000, kann das ganze Jahr über schwimmen, saunieren oder vom ersten Stock des Badehauses entspannt das bunte Treiben am Pool oder im See beobachten. "Die 42 Kabinen waren binnen zwölf Stunden weg", erzählt Schaller.

Kärnten gab bei Badehäusern einst den Takt vor. Die Wörthersee-Architektur, die ihren Höhepunkt am Übergang vom 19. zum 20. Jahrhundert erreichte, war über die Landesgrenzen hinaus ein Begriff. Auch in Velden und Klagenfurt gab es damals Badehäuser, genauso wie am Millstättersee. Sie fielen alle der Spitzhacke zum Opfer.

Schöne Tugend aus der Not

Dass nun eine Renaissance einsetzen könnte, wenn weitere Gemeinden mitmachen, hat mit einer Notlage zu tun. Weil Kärnten seit den 1970er-Jahren kontinuierlich Nächtigungsgäste verloren hat, wurde nach einem Anker gesucht, um die Entwicklung zu stoppen. Aus dem Zusammenwirken von Politik, Tourismusverantwortlichen und einem Beratungsunternehmen ist die Initiative Kärntner Badehäuser entstanden.

Das erste in dieser Reihe ist das im Dezember eröffnete, 3,6 Millionen Euro teure Badehaus am Millstätter See. "Übergeordnetes Ziel ist, Vor- und Nachsaison zu verlängern und mitzuhelfen, dass dort, wo es bisher nur eine Saison gibt, künftig zwei Saisonen möglich werden", sagt Alexander Thoma, Geschäftsführer der Millstätter Bäderbetriebs GmbH. Der Tageseintritt für Erwachsene inklusive Sauna kostet 19,50 Euro.

Ein weiteres architektonisches Juwel ist das 1929 vom Kärntner Architekten Franz Baumgartner errichtete Badehaus auf der Privatinsel mitten im Faaker See. Es steht nun unter Denkmalschutz. Wer hinmöchte, muss nicht einmal schwimmen können. Zwischen Festland und Insel verkehrt ein Motorboot-Shuttle des Inselhotels. (Günther Strobl, DER STANDARD, Album, 15.6.2013)