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Mit Postern ihres Kandidaten Hassan Rohani zogen junge Wählerinnen und Wähler durch die Straßen Teherans.

Foto: Reuters/Moayeri

Erst am Nachmittag des Wahltags begann sich die Entwicklung abzuzeichnen: Vor den Wahllokalen wurden die Schlangen immer länger, auffallend viele Jugendliche warteten diskutierend, bis sie an die Reihe kamen. Mehrere Male verlängerten die Behörden die Öffnungszeiten. Lange ließen danach die Hochrechnungen auf sich warten: Nicht 20 Minuten wie nach den umstrittenen Präsidentenwahlen 2009, sondern drei Stunden nach Wahlschluss kamen die ersten Trends - die den einzigen Reformkandidaten, Hassan Rohani, vorne sahen.

Als am späten Nachmittag des Samstag feststand, dass Rohani mit einer absoluten Mehrheit die Wahlen schon in der ersten Runde gewonnen hatte, änderte sich das Straßenbild in Teheran und vielen iranischen Städten schlagartig. Tausende Jugendliche sammelten sich singend und tanzend auf den Plätzen, ihre Kleidung war von den Farben Grün - die Farbe der Protestbewegung von 2009 - und Violett - der Kampagnenfarbe Rohanis - dominiert.

Das Recht der Menschen

Bis zum Schluss hatte kaum jemand mit dieser Wahlbeteiligung und mit diesem Ergebnis gerechnet. Viele Unentschlossene rafften sich erst am Nachmittag auf, offenbar weil der religiöse Führer Ali Khamenei bei seiner Stimmabgabe einmal mehr betonte, dass die Zählung der Stimmen korrekt durchgeführt werden würde. Er sprach vom "hagh al-nas", ein religiöser Begriff: das Recht der Menschen, das man respektieren muss. Und viele Iraner und Iranerinnen zeigten sich nachher begeistert, dass ihre "Stimme diesmal gezählt" und der Sieg Rohanis zugelassen wurde.

Laut Innenministerium betrug die Wahlbeteiligung 72 Prozent; das heißt, von gut 50 Millionen Wahlberechtigten gaben mehr als 35 Millionen ihre Stimmen ab. Rohani bekam mehr als 18 Millionen. Der Zweitplatzierte, der Teheraner Oberbürgermeister Mohammed Bagher Ghalibaf, der bis zum Schluss in allen Umfragen an der Spitze lag, wurde deutlich geschlagen. Saeed Jalili, der als Kandidat Khameneis galt, wurde Dritter und bekam nur elf Prozent der Stimmen: eine deutliche Absage der iranischen Wähler an radikale Ansichten.

Hassan Rohani ist ein Mann der Mitte. Der promovierte Jurist versprach den Jugendlichen mehr Freiheit und zeigte sich als Liebhaber der Kunst - auch der Musik - und der freien Presse. Bei den Siegesfeiern wurden Stimmen laut, die die Freilassung der im Hausarrest befindlichen Präsidentschaftskandidaten von 2009, Mir-Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi, verlangten. Der Kurs der Landeswährung Rial, die in letzter Zeit ein Drittel ihres Wertes verloren hatte, stieg an.

Wo am Samstag Iraner und Iranerinnen feierten, haben genau vor vier Jahren Millionen gegen die ihrer Ansicht nach manipulierte Wiederwahl von Mahmud Ahmadi-Nejad demonstriert. Es kam zu Straßenschlachten, Verhaftungen und später zur Ermordung mehrerer Demonstranten. Vier Jahre danach gab es keine Schlägertrupps und Sicherheitsorgane auf Motorrädern, sondern friedliche Demonstrationen und Feiern bis lange nach Mitternacht: für viele eine Hoffnung, dass der Iran nach acht Jahren Ahmadi-Nejad wieder auf dem Weg zur Normalität ist. Als vor 34 Jahren der Schah von Persien Teheran verließ, titelte eine Zeitung "Schah raft" (Der Schah ist weg). Diesmal waren nachgemachte Zeitungen mit dem Titel "Mahmud raft" zu sehen. (N. N., DER STANDARD, 17.6.2013)

* Der Name des Autors wird aus Sicherheitsgründen nicht genannt.