Mehr Stimmen als alle Konservativen und ein "mittlerer" Kandidat (Rezaei) zusammen: Hassan Rohani, der einzige Geistliche unter den Bewerbern um die iranische Präsidentschaft, ist den anderen nicht nur davongezogen, sondern hat etwas geschafft, das manche als "Wunder" bezeichnen. In den vergangenen Tagen schien es möglich, dass er es in die Stichwahl schafft – die für ihn nicht leicht zu gewinnen gewesen wäre, so die graue Theorie, weil dann die gesplitteten konservativen Stimmen alle dem Gegenkandidaten gehört hätten. Und nun hat er in der ersten Runde gewonnen, nicht so überwältigend wie seinerzeit, 1997, Mohammed Khatami – der diesmal Rohani unterstützte –, aber doch.

Die hohe Wahlbeteiligung hat ihm geholfen, den Jungen und den Frauen – die er im Wahlkampf gesondert angesprochen hat – verdankt er den Sieg. Hassan Rohani ist keiner, von dem sich die Iraner und Iranerinnen einen radikalen Wechsel erwarten: Sonst hätte er nicht zu diesen Wahlen antreten dürfen. Aber die Mehrheit der iranischen Wähler setzte auf ihn als einen, der Normalität und nicht Konfrontation verspricht, wie der scheidende Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad sie gebracht hat.

Wie schlecht der Superideologe Saeed Jalili abgeschnitten hat, muss dem religiösen Oberhaupt Ali Khamenei und seinem inneren Kreis zu denken geben. Dass das Regime Rohanis Wahl zugelassen hat – woran viele Iraner zweifelten, die glaubten, dass Rohani nur als eine Art "Quotenreformer" aus kosmetischen Gründen zugelassen wurde –, ist ein Hinweis darauf, dass es zumindest verstanden hat, dass wenigstens eine interne Entlastung der geplagten Iraner und Iranerinnen nötig ist. "Ich erwarte, dass meine Stimme auch wirklich gezählt wird", sagte – so berichtete es uns eine Freundin aus Teheran – ein Wähler im Wahllokal zu den Beisitzern. Diese Erwartung zumindest wurde eingelöst. (Gudrun Harrer, derStandard.at, 15.6.2013)