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Angelina Jolie machte ihre Brustoperation publik, um gegen die hohen Kosten der Vorsorgetests zu ­protestieren: Diese seien für viele mögliche Betroffene in den USA nicht leistbar.

Foto: REUTERS/NEIL HALL

Washington - Das menschliche Erbgut ist ein "Produkt der Natur", das nicht patentiert werden könne. So lautet das mit Spannung erwartete Urteil des Obersten Gerichts der USA am Donnerstag. Gleichzeitig stellte der Supreme Court aber auch fest, dass künstlich nachgeahmtes Erbgut allerdings sehr wohl patentiert werden könne, "da es nicht von der Natur hergestellt wird".

Schwerer Schlag für US-Pharmaunternehmen

Das Urteil ist zunächst ein schwerer Schlag für das US-Pharmaunternehmen Myriad Genetics, das sich Patente auf zwei krebsauslösende Gene gesichert hatte. So konnte die Firma bisher Tests für die Gene mit den Abkürzungen BRCA1 und BRCA2 exklusiv vermarkten - und entsprechend Geld dafür verlangen.

Dies war auch der eigentliche Grund, weshalb die Schauspielerin Angelina Jolie mit der Nachricht, sie habe sich vorsorglich ihre Brüste operieren lassen, an die Öffentlichkeit gegangen war: Die Schauspielerin hatte sich nach einem positiven Test vorsorglich beide Brüste abnehmen und rekonstruieren lassen.

Patentierung blockiert Erforschung

Mit der Veröffentlichung wollte sie anprangern, dass diese Tests in den USA immerhin 3000 US-Dollar (umgerechnet 2259,55 Euro) kosten - und das sei für viele potenziell betroffene Frauen schlicht unerschwinglich.

Genau das hatten auch die Kläger dem Unternehmen vor Gericht vorgeworfen. Dazu komme, dass die Patentierung der Gene auch deren weitere Erforschung durch andere Unternehmen oder Institutionen blockiere.

Weitere Genpatente

Das Urteil des Supreme Court dürfte nun auch Auswirkungen auf andere Bereiche der Gentechnik und der Medizin haben. Patente wurden unter anderem auch im Zusammenhang mit anderen Krebskrankheiten sowie Morbus Alzheimer angemeldet.

In Österreich ist jede dreihundertste bis fünfhundertste Frau (insgesamt rund 25.000) potenzielle Trägerin der Mutationen der Brustkrebsgene BRCA1 und BRCA2, erläuterte dazu der Wiener Gynäkologe Christian Singer von der Med-Uni Wien am AKH. Laut internationalen Studien haben Frauen mit einer solchen Mutation ein Risiko von mehr als 85 Prozent, an Brustkrebs zu erkranken, bei Nichtträgerinnen solcher Mutationen liegt dieses Risiko bei zwölf Prozent. An der Uni-Frauenklinik in Wien wurden seit dem Bekanntwerden des Falles von Angelina Jolie fünfmal mehr Anfragen als zuvor registriert.

Genetische Beratung in Österreich

"Ungefähr 15 bis 20 Prozent der betroffenen Frauen mit einer solchen Mutation entscheiden sich dann zu einer prophylaktischen beidseitigen Mastektomie", ergänzte Singer. Rund ein Viertel der Hochrisikopatientinnen lässt sich die Eierstöcke vorbeugend entfernen.

In Österreich wurde im Vorjahr eine genetische Beratung eingerichtet. Sie ist kostenlos, wenn es in der Familie bereits eine bestimmte Anzahl von Krebsfällen gab. (APA, frei, DER STANDARD, 15./16.6.2013)