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Schwule Fußball-Fans bei der Christopher-Street-Day-Parade 2011 in Köln
Foto: REUTERS/Wolfgang Rattay

Hamburg/Dublin - Sie sind schwul oder lesbisch, spielen Fußball mit Leidenschaft und wollen sich nicht verstecken. "Das Turnier in Dublin wird ein buntes Fest. Und ein Statement, dass schwule Fußballer existieren: in Deutschland, Italien und sogar in Russland. Überall", sagt Alexander von Beyme von den Ballboys Hamburg vor der zweiten schwul-lesbischen Europameisterschaft. "Obwohl es Fortschritte gibt, ist die Diskriminierung von Homosexuellen im Fußball längst nicht überwunden. Wir wollen Öffentlichkeit herstellen und Vorurteile gegenüber Schwulen und Lesben abbauen."

"Ein richtiger Mann"

Schwul - der Begriff ist in den meisten Stadien Deutschlands immer noch ein Schimpfwort. Schwulsein und Fußball passen in der öffentlichen Wahrnehmung einfach nicht zusammen. "Wir wollen zeigen, dass es kein Widerspruch ist, schwul zu sein und Fußball zu spielen", sagt von Beyme. Die Ballboys spielen als eine von drei deutschen Freizeit-Mannschaften in der irischen Haupstadt am Freitag und Samstag um den Titel. Insgesamt kämpfen 32 Mannschaften mit rund 400 TeilnehmerInnen um vier Trophäen (Männer und Frauen, jeweils zwei Divisionen) - doch noch wichtiger ist das Ringen um Anerkennung und Toleranz.

"Es gibt immer noch diffuse Ängste gegenüber Schwulen. Die Menschen haben Angst vor dem Unbekannten", sagt von Beyme, "im Fußball lebt weiter der komische Kodex: Ein Mann muss in der Kabine noch ein richtiger Mann sein." Von Beyme und seine zwölf Teamkollegen zahlen die Kosten für die Teilnahme aus der eigenen Kasse. Und so steht der Spaß im Vordergrund. Allerdings habe das Turnier "durchaus Bezirksliga-Niveau", wie von Beyme betont.

Mobbing nach "Mittelalter-Methoden"

Besonders die Situation von Homosexuellen in Russland bereitet von Beyme große Sorgen. Dort hat das Parlament gerade ein neues Gesetz zum Verbot von "Homosexuellen-Propaganda" verabschiedet. Das Auswärtige Amt verschärfte nun die Reisehinweise für Russland, und auch Bundeskanzlerin Angela Merkel kritisierte das Gesetz, mit dem die russische Regierung schwules und lesbisches Leben weiter an den gesellschaftlichen Rand drängt. "Was für ein befreiendes Gefühl muss das für die Spieler sein, sich einmal nicht verstecken zu müssen", sagt von Beyme.

Doch auch in Deutschland komme es trotz aller Fortschritte immer wieder zu Diskriminierungen. Manche seiner Mitspieler seien in ihren ehemaligen Klubs "nach Mittelalter-Methoden gemobbt" worden: "Nach dem Motto: Mit dem gehe ich nicht unter die Dusche. Aber es gibt auch ganz viele positive Beispiele." Allerdings sei ein völlig unverkrampfter Umgang noch zu sehr "Glückssache".

Coming-out als Existenzfrage

Und deshalb glaubt von Beyme auch nicht, dass sich bald ein deutscher Profi zu seiner Homosexualität bekennt. "Es gibt sicher schwule Spieler in der Bundesliga und der 2. Liga", sagt er. "Eine komplette Mannschaft bekäme man da bestimmt zusammen. Ein Coming-out wäre toll, ist bei Profis aber immer auch eine Frage der Existenz. Das Rampenlicht hält viele davon ab", sagt von Beyme, "es wäre toll, wenn wir in Zukunft ein gesellschaftliches Klima hätten, in dem ein Profi ein Coming-out beiläufig erklären und von seinem Freund vom Training abgeholt werden könnte." Von Beyme und die Ballboys wollen sich jedenfalls nicht verstecken. (sid, 14.6.2013)