Nische zur freien Meinungsäußerung
Die ihren eigenen Aussagen zufolge überwiegend jungen Autoren haben eine Nische zur freien Meinungsäußerung entdeckt: Die so genannten Weblogs, die sich auch in Deutschland zunehmender Beliebtheit erfreuen. Weblogs sind formlose Einträge auf einer privaten Web-Site, oft nur Notizen, die sich mit Erlebnissen und Gedanken des Schreibers oder mit anderen Internet-Angeboten befassen und so eine Art elektronisches Logbuch ergeben. Die "Blogger" treten in der Regel anonym auf und können angesichts des geringen Aufwands für ihr Angebot rasch die Adresse wechseln. "Iranische Jugendliche sind wahre Experten auf diesem Gebiet", sagt der in Berlin lebende iranische Politologe Syrous Rusta.
"Haltet durch"
Einige iranische Blogger schreiben auf Englisch, bei amiroot.blogspot.com finden sich sogar Einträge auf Deutsch. Ein Zeichen dafür, dass sich die Autoren auch ans Ausland wenden. Offenbar mit Erfolg: Auf einen verzweifelten Tagebucheintrag von "Lady Sun", die Anfang Juli die Verhaftung von rund 4.000 Menschen beklagte, antwortete "ein Amerikaner": "Haltet durch. Die iranische Regierung ist mit ihrer Atomtechnik auf einem gefährlichen Weg, und es würde mich nicht wundern, wenn wir dort innerhalb der kommenden zwölf bis 20 Monate etwas gegen Atomwaffen unternehmen müssten."
Einmischung der USA?
Eine Einmischung der USA wird auf den Webseiten allerdings sehr kontrovers diskutiert. So kritisiert "Nonblogger Ali" den amerikanischen Journalisten Michael Ledeen, der in mehreren Artikeln für die "National Review Online" einen "Regimewechsel" im Iran gefordert hatte. "Mr Ledeen! Können Sie garantieren, dass wir unter einer anderen Regierung (mit Unterstützung ihres Landes) Demokratie bekommen werden?" fragt der Student, der auch die Demonstrationen seiner Kommilitonen kritisiert: "Diese Proteste sind zum Scheitern verurteilt, weil sie unorganisiert sind. Die einzige Folge sind verletzte und verhaftete Studenten, die immer die Kosten unnützer Bewegungen tragen."
Kämpfen
Kämpfen müssen die Blogger derweil um ihren Freiraum: Die Regierung, heißt es bei hoder.com, habe alle iranischen Internet-Provider aufgefordert, diese und andere Seiten zu sperren. "Iranian girl" berichtete , sie könne mehrere Weblogs nicht aufrufen.
Zensur im Internet
Einen wahren Aufruhr gab es innerhalb der Blogger-Szene, als der US-Fernsehsender CNN unter dem Titel "Tagebuch einer Prostituierten erzielt im Iran höchste Trefferzahlen" über die Weblogs berichtete. Diese Form von Berichterstattung liefere der Regierung den perfekten Vorwand für eine verschärfte Zensur des Internet, schreibt "Lady Sun" und bittet um Unterstützung für eine Petition an CNN. Das wiederum ärgert "Iranian girl". Natürlich sei Sex für viele Surfer attraktiv, schreibt sie: "Wir leben in einem Land mit wenig Freiheit und Straßen voller Wachleute, die Burschen und Mädchen verhaften, wenn sie gemeinsam auftreten. Warum sollten wir uns nicht die Freiheit nehmen, über etwas zu lesen, was in unserem Land so stark eingeschränkt wird?"