Die nächsten Monate werden zeigen, ob das Projekt Ouya überlebensfähig ist.

Foto: ouya.tv

Anfang April erhielten die ersten Crowdfunder die Android-Konsole Ouya in einer Entwicklerversion. Das Projekt war vor einem Jahr vielversprechend gestartet. Die Vision einer offenen, günstigen und auf Android basierenden Konsole als Kompagnon zu den Alternativen der Branchenriesen lockte zahlreiche Interessenten an. Das Projekt lukrierte auf Kickstarter knapp 8,6 Millionen Dollar.

Doch das erste Feedback enttäuschte. Für Design und Verarbeitung wurde das Produkt gelobt, daneben gab es aber zu viel zu bemängeln, um die mittlerweile verflogene Euphorie zu rechtfertigen. Konstruktionsmängel des Controllers, Eingabeverzögerungen, unfertige Firmware und ein äußerst dürftige Spieleangebot verleideten den Testern den Spaß.

Ouya revisited

Nun steht die Ouya knapp vor ihrem Launch in den Handel, wo sie sich für 99 Dollar in den Händlerregalen bewähren muss. Das Gerät hat nunmehr mehrere Softwareupdates und Revisionen bei der Fertigung hinter sich. Zeit, einen zweiten Blick auf das Versprechen "Android Gaming im Wohnzimmer" zu werfen.

Hardware-Probleme (großteils) bereinigt

Und in der Tat: Wie mehrere Tester anmerken, haben die Entwickler den Controller verbessert. Die magnetisch befestigten Abdeckungen des Batteriefachs fallen nicht mehr ab. Ebenso bleiben keine Tasten mehr in ihr stecken, weil die Aussparungen vergrößert wurden.

Die Verbindung mit der Ouya, deren eigenes Interface massiv ausgebaut wurde (aber längst noch nicht fertig scheint), klappt problemlos. Störende Verzögerungen gibt es, wie Damien McFerran von EuroGamer anmerkt, nur noch, wenn sich viel bildlastiger Content am Schirm tummelt. Das Navigieren in den Menüs ist aber immer noch mit zwischenzeitlichen Lags verbunden. Behoben wurden auch die Probleme mit den Analogsticks, McFerran bemängelt aber, dass diese weiterhin zu viel Widerstand geben.

In der Ouya steckt die Tegra 3-Quadcore-Plattform von Nvidia. Die Taktung des Prozessors wurde auf 1,7 GHz aufgebohrt, was die Ouya zum leistungsfähigsten Gerät dieser Generation macht. Der Chipsatz ist aber mittlerweile über ein Jahr alt und zählt nicht mehr zum Spitzenfeld. Trotzdem sollte er theoretisch so gut wie jedes Spiel flüssig wiedergeben.

Software-Probleme, immer noch dürftiges Angebot

Sollte – denn selbst bei vermeintlich einfach gestalteten Spielen scheint es zu größeren und kleineren Problemen sowie Abstürzen zu kommen. Im Ouya Store finden sich mittlerweile deutlich mehr Titel als noch vor zwei Monaten, überzeugen kann das Portfolio für eine Konsole, die kurz vor ihrem Launch steht, aber nicht, wie auch Richard Goodwin von KnowYourMobile befindet. Am Donnerstag waren laut Homepage rund 150 Spiele verfügbar.

Retro-Freuden dank Emulatoren

Bekanntere Titel im Sortiment sind "Final Fantasy 3" oder "The Bard's Tale" . Mittlerweile versammeln sich im Angebot auch einige nette Indie-Spiele, wie Sascha Pallenberg von Mobile Geeks entdeckt hat. Der bekannte Tech-Experte und Android-Enthusiast preist auch die Möglichkeit, die "Konsole mit Herz" als Emulator einzusetzen.

Im Store finden sich auch diverse Tools, die die Wiedergabe von Games für alte Nintendo-Plattformen ermöglichen. Unter anderem kann die Ouya mit "Mupen64" zum N64 umfunktioniert werden, Titel wie "Zelda: Ocarina of Time" oder "Mario Kart 64" laufen flüssig. Besitzer der Wii U können alte Titel für NES und SNES in der Wii U Virtual Console spielen.

Trennung von Google Play als Risikofaktor

Weil man auf ein eigenes Ökosystem als Einnahmequelle setzt, wurde die Verbindung zu Googles Play Store gekappt. Selbst via Sideloading der Play-APK funktioniert der Zugriff nicht. Das hat eine Reihe von Konsequenzen.

So entgeht den Ouya-Besitzern der Zugriff auf den größten Umschlagplatz für Android Games. Außerdem müssen Titel, die man bereits auf Play besitzt, neu erworben werden, sofern diese im Ouya-Angebot überhaupt enthalten sind. Hier sei der Hinweis erlaubt, dass jedes Spiel im Store grundsätzlich kostenlos ist, für die Freischaltung weiterer Inhalte oder den Erwerb einer Vollversion aber durchaus Bezahlangebote existieren.

Angesichts der Expansion von Play ist es fraglich, ob die Android-Konsole attraktiv genug für Indie-Entwickler und die Homebrewszene ist, um sich langfristig selbst erhalten zu können. Immerhin der Amazon Appstore lässt sich installieren, dessen Angebot ist aber wesentlich kleiner als das von Play.

VoD-Entertainment in Arbeit

Es mangelt aber nicht nur an Spielen: Auf der Ouya ist kein Mediaplayer vorinstalliert, im Store war vor wenigen Tagen mit "switch.tv" nur eine Software zu finden, die der Stock-Lösung von Android erstaunlich ähnlich sieht. Wer etwas Mühe in Kauf nimmt, kann die Ouya per XBMC aber zum Mediencenter umfunktionieren.

Ouya-CEO Julie Uhrman hat aber bereits angekündigt, dass es bald nativen Support für Dienste wie Hulu Plus geben soll. Zumindest dieses Manko könnte also bald behoben sein, wie man bei Wired anmerkt.

Von der Partnerschaft mit dem Games-Streamingdienst OnLive ist aktuell auch noch nichts zu merken. Deren App ist weder vorinstalliert noch im Store zu finden – lässt sich aber immerhin sideloaden und funktioniert dann zufriedenstellend.

Fazit: Fortschritt auf der Baustelle...

Seit der Premiere der Ouya hat sich einiges verbessert. Die Entwickler haben die Hardwaremängel weitestgehend beseitigt und die Software der Konsole deutlich aufgemotzt. Häufigere Updates wurden bereits versprochen. Über die verbliebenen kleineren Hardware-Problemchen lässt sich wohl hinwegsehen, ebenso wie die noch bestehenden Fehler der Firmware wohl früher oder später mit einem Update bereinigt werden.

Es ist das Spieleangebot, dass Besitzern und Interessenten Sorgen machen muss. Selbst von einigen längst angekündigten Ouya-optimierten Umsetzungen (etwa "Dead Trigger") ist noch nichts zu sehen. Neben wenigen Highlights bewegt sich das sonstige Angebot auf unspektakulärem Niveau, wenn man nicht gerade ausgesprochen vernarrt in Indie- und Retrotitel ist. Die Meinungen bewegen sich derzeit zwischen vorsichtigem Pessimismus ob des dürftigen Angebots und leichtem Optimismus ob es noch unausgeschöpften Potenzials.

...doch ungewisse Zukunft

Die nächsten Monate werden entscheiden, ob die Ouya erfolgreich ihre Nische im Konsolengeschäft finden wird, oder es beim gut gemeinten Versuch bleibt. Geht es nach den Plänen ihrer Erfinder, soll künftig jährlich eine aufgemotzte Neuauflage des Geräts erscheinen.

Der WebStandard wird zur Ouya auch eine eigene, ausführliche Rezension liefern. (gpi, derStandard.at, 14.06.2013)