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Finanzministerin Maria Fekter muss sich schön langsam mit höheren Staatsschulden anfreunden. Die Rechnung schaut bald etwas anders aus.

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Grafik: STANDARD

Wien - Mehrere Jahre haben die obersten Statistiker darüber verhandelt, wie man die Finanzen der EU-Mitgliedsstaaten besser überwachen könnte. Die Tricksereien der griechischen Behörden waren schließlich einer der Gründe, warum das wahre Ausmaß der hellenischen Budgetprobleme erst viel zu spät publik wurde. Nun sind die neuen Spielregeln mit dem EU- Statistikamt Eurostat final ausgehandelt - und sie werden ab Herbst auch in Österreich zu gröberen Revisionen führen. Das machte der Chef der Statistik Austria, Konrad Pesendorfer, am Mittwoch am Rande eines Finanzforums des Business Circle klar.

  • BIG: Da die Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) als "Hilfseinrichtung" des Bundes qualifiziert wird, werden deren Verbindlichkeiten künftig dem Staat zugerechnet. Es geht dabei um rund vier Milliarden Euro.
  • Ausgliederungen: Seit langem für Diskussionen sorgen die Schulden ausgegliederter Unternehmen. Hier herrschte bisher große Intransparenz. Die Statistik Austria startete im Vorjahr eine Erhebung unter den Gemeinden. Pesendorfer geht nun davon aus, dass drei Milliarden an ausgelagerten Schulden zusätzlich dem Staat zugerechnet werden. Konkret ist das immer dann der Fall, wenn ein Betrieb weniger als 50 Prozent seiner Ausgaben (inklusive Zinszahlungen) durch eigene Einnahmen decken kann.
  • ÖBB: Wegen dieser 50-Prozent-Regelung werden auch weitere Schulden der ÖBB-Infrastruktur AG der öffentlichen Hand zugerechnet. Sie ist für Bau und Betrieb des Schienennetzes zuständig. Eine Zahl will Pesendorfer hier noch nicht nennen, aus dem letzten Geschäftsbericht der Bahn- Tochter lässt sich aber die Größenordnung erahnen. Demnach hat der Bund Haftungen im Ausmaß von über 13 Milliarden Euro übernommen. Knapp fünf Milliarden an ÖBB-Schulden mussten schon in den vergangenen Jahren eingerechnet werden, bleiben also noch gut acht Milliarden übrig.

Allein durch diese drei Bereiche würde sich die Staatsschuld also um 15 Milliarden Euro oder etwa 4,7 Prozent der Wirtschaftsleistung (BIP) erhöhen. Tatsächlich wird die Schuldenquote aber nicht in diesem Ausmaß vom derzeitigen Finanzrahmen (siehe Grafik) abweichen. Denn: Die neuen Eurostat-Vorgaben führen auch zu einer Neuberechnung des Bruttoinlandsprodukts.

Konkret werden künftig Ausgaben privater Unternehmen für Forschung und Entwicklung sowie staatliche Militärausgaben als BIP-erhöhend gewertet. Bisher wurden derartige Investitionen nicht berücksichtigt. Vor allem die Forschungsausgaben werden in Österreich zu einer Steigerung des BIP um rund zehn Milliarden Euro führen, so Pesendorfer. Die angenehme Folge: Ist das BIP größer, sieht der angewachsene Schuldenberg prozentuell nicht mehr so schlimm aus. Er dürfte nach Standard- Berechnungen nicht um mehr als vier, sondern nur um etwa zwei Prozentpunkte steigen. Pesendorfer will noch keine genauen Werte nennen und verweist auf noch laufende Detailberechnungen.

Fragezeichen Bad Bank

Möglicherweise müssen die Kalkulationen aber ohnehin bald wieder über Bord geworfen werden. In all diesen Szenarien ist nämlich eine Bad Bank für die Kärntner Hypo Alpe Adria noch nicht berücksichtigt. Die Hypo bräuchte in diesem Fall zwar weniger Eigenkapital, die faulen Papiere in der Bad Bank würden aber wohl dem Staat zugerechnet. Und dann könnte der staatliche Schuldenstand um weitere zwölf bis 15 Milliarden Euro steigen. (Günther Oswald, DER STANDARD, 13.6.2013)