Das Projekt RoboRoach bewegt sich ethisch auf dünnem Eis.

 

Foto: Kickstarter/Backyard Brains

Für Irritationen sorgt derzeit eine noch junge Kickstarter-Kampagne. Das Projekt "RoboRoach" verspricht den Unterstützern, Küchenschaben mit dem Smartphone fernsteuern zu können. Ab 100 Dollar können sich Interessierte ein Kit sichern, mit welchem sich eine Kakerlake in einen Cyborg verwandeln lässt.

"Neuro-Revolution"

RoboRoach wirft die alte Frage auf, wie weit Wissenschaft gehen darf – insbesondere, da es sich hier um ein kommerzielles Projekt handelt und nicht um ein reines Forschungsunterfangen für Studienzwecke. Die Erfinder, Backyard Brains, sprechen vom Beginn der "Neuro-Revolution".

Die Technik hinter RoboRoach selbst ist nicht neu. Die Bewegungsrichtung verschiedener Insekten können Wissenschaftler schon seit geraumer Zeit kontrollieren. Künstlerin Brittany Ransom nutzte das Kakerlaken-Backpack bereits für ein öffentliches Experiment, wie Wired schildert. Sie ermöglichte es vergangenen Dezember, eine Schabe mit Tweets fernzusteuern. Gedacht war es als eine Art Kommentar zum Thema Reizüberflutung.

Anästhesie mit Eiswasser

Via Kickstarter wird die dafür nötige Elektronik nun für jeden verfügbar. Eine Operationsanleitung wird in Form eines Videos mitgeliefert. Nach dem Zusammensetzen der Elektrode wird die Küchenschabe zwecks Betäubung in Eiswasser getaucht, bis sie sich nach einigen Minuten nicht mehr bewegt.

Anschließend wird ein Teil des schützenden Wachs vom Nackenpanzer des Tieres abgerieben und der Konnektor dort mit Superkleber befestigt. Anschließend wird der Panzer auf Höhe des Brustkorbs punktiert und einer der drei Drähte eingeführt und wiederum mit Kleber fixiert.

(Video: Montage von Elektroden und RoboRoach-Kit)

Antennenverkabelung

Nach einer weiteren Runde im Eiswasser wird der linke Fühler der Schabe auf rund ein Drittel ihrer Länge gestutzt. Die Antennen sind innen hohl, hier wird der mittlere Draht "eingesteckt" und verklebt. Der Vorgang wird mit dem letzten Draht und dem verbliebenen Fühler nach erneuter Anästhesie wiederholt. Die abstehenden Drähte werden schließlich so fixiert, dass sie nicht versehentlich ausgerissen werden können.

Fernsteuerung per App

An die Konnektoren wird nun das RoboRoach-Pack angeschlossen und mit Heißkleber an dem Tier befestigt. Nachdem die Schabe aus der Narkose erwacht ist, lässt sich nun durch das Übermitteln von Spannung an die Fühler beobachten, ob und wie sie darauf reagiert. Im Idealfall ändert das Tier bei Stimulation die Richtung, jedoch wurden abhängig von Spannungsstärke und Kakerlakenart unterschiedliche Ergebnisse beobachtet. Zudem können die Tiere sich an den Stimulus gewöhnen. und ignorieren lernen.

Das fertige Kit soll im Winter 2013 ausgeliefert werden und per Bluetooth an ein Smartphone angebunden sein. Die Schabe soll sich letztlich per App "fernsteuern" lassen und von der Elektronik an ihrem Körper abgesehen auch nach der Prozedur normal weiterleben.

Kein Spielzeug

Wie die Erfinder gegenüber Wired sagen, soll das Backpack nur wenige Minuten am Stück verwendet werden. Zudem wird jedes Tier nach spätestens einer Woche in "Pension" geschickt. Man betont, dass es sich bei RoboRoach um ein Instrument für Forschung und nicht um ein Spielzeug handelt.

Ethik-Debatte

"Wir denken, dass wir in Wahrheit dazu beitragen, dass Kakerlaken als Lebewesen mehr respektiert werden", so Backyard Brains-Mitgründer Timothy Marzullo. Schüler haben uns gesagt, dass sie die Schaben nicht mehr als Plage betrachten, sondern als einen Beitrag zur Bildung und zum Verständnis des Gehirns. Der ethischen Debatte wird man sich trotzdem stellen müssen, zumal nicht anzunehmen ist, dass jeder Spender sein Elektronikset nur für rein wissenschaftliche Zwecke einsetzen wird.

Dienstagmorgen verzeichnete die RoboRoach-Kickstarterkampagne 27 Spender die insgesamt 1.600 Dollar beitragen wollen. 29 Tage bleiben Backyard Brains noch, um das Spendenziel von 10.000 Dollar zu erreichen. (red, derStandard.at, 11.06.2013)

(Video: RoboRoach Kickstarter-Präsentation)