Warschau - Die virtuelle Bibliothek Europeana sucht nach Erinnerungsstücken an das historische Wendejahr 1989. Am Wochenende wurde die Aktion in Warschau gestartet - den Anfang der Sammlung machte Tadeusz Mazowiecki, erster nichtkommunistischer Regierungschefs Polens nach dem Zweiten Weltkrieg, mit einem persönlichen Brief zur Lage nach den ersten teilweise freien Wahlen im Juni 1989.

Die Erinnerungsstücke an die friedlichen Revolutionen in Mittel- und Osteuropa sind digitalisiert auf der Webseite der "Europeana 89" zu finden. Die lettische Journalistin Sarmite Elerte brachte ein kleines gelbes Plastikradio: "Die Ereignisse änderten sich damals so rasend schnell, dass niemand ohne ein tragbares Radio unterwegs war", sagte sie. "Und auch das Signal für den Beginn des baltischen Wegs (der Menschenkette durch die drei baltischen Staaten Estland, Lettland und Litauen) kam über das Radio. Man kann sagen, das war unser soziales Netzwerk in der Zeit vor Internet, Facebook und Twitter."

Freiheit als erstes Ziel

Wolfgang Templin, der in der DDR als einer der Vertreter der Bürgerrechtsbewegung an den Gesprächen am Runden Tisch teilnahm, brachte seinen alten Abgeordnetenausweis der DDR-Volkskammer, wo er nach den Wahlen 1999 für Bündnis 90/Die Grünen ein Mandat hatte. "Unser erstes Ziel war nicht die Macht, sondern Freiheit", sagte der heutige Leiter der Heinrich Böll-Stiftung in Polen. "Die freien Wahlen waren ein Symbol dafür."

In den kommenden Monaten werden zunächst in Polen, dann in zahlreichen anderen Ländern "Sammelaktionen" organisiert, bei denen Erinnerungsstücke fotografiert und in die digitale Bibliothek gestellt werden. (APA/red, derStandard.at, 10.6.2013)