Der Sommer kann kommen, die erste mediale "Sommerloch"-Geschichte ist da: In Italien sorgt seit Freitag ein angebliches Lokal ("Don Panino") in der Seidengasse 31 in Wien für Aufregung, weil dort angeblich Panini mit den Namen mehrerer Mafiosi und Anti-Mafia-Helden angeboten würden. Doch das Lokal gibt es nicht. Am ehesten war die Sache noch ein Lieferservice, dessen Homepage aber mittlerweile auch vom Netz genommen wurde. Der "Sturm im Wasserglas", der gar in einem Protest der italienischen Botschaft in Wien gipfelte, kann sich wieder beruhigen.

Bis Sonntag riss die Aufregung wegen "Don Panino" in Wien-Neubau nicht ab. Nachdem die italienische Botschaft in Wien auf Anweisung von Außenministerin Emma Bonino in einem Schreiben an die österreichischen Behörden gegen die Beleidigung von im Kampf gegen die Mafia gefallenen Persönlichkeiten protestierte, meldete sich auch Maria Falcone, Schwester des 1992 bei einem Bombenanschlag der Mafia auf Sizilien ermordeten Staatsanwalts Giovanni Falcone zu Wort. "Es ist schändlich und schon am Rande der Blasphemie, dass der Name von Nationalhelden auf derart vulgäre Weise missbraucht wird", betonte Maria Falcone, Präsidentin der Stiftung "Giovanni Falcone", die Anti-Mafia-Kampagnen unterstützt.

Warenlager ohne Speisekarte

Freilich, "Abregung" und Deeskalation sollte jetzt eher auf der Agenda von Politik, Diplomatie und Medien stehen: In der Seidengasse 31 befindet sich im Erdgeschoß links des Eingangs zu dem Zinshaus aus der Wiener Gründerzeit eine Art Warenlager. Man erblickt Kartons mit Cipriani-Nudeln oder ähnlichen Waren. Von einer Speisekarte mit "anstößigen" Panini ist nichts zu sehen. Auf der anderen Seite des Hauses prangt vor einem ähnlichen Portal - gar mit Werbung für steirisches Kernöl - ein Zettel "Betriebslokal derzeit geschlossen". Laut Firmenabc.at ist an der Adresse eine San Gusto Alimentari Boutique e.V. beheimatet.

Somit: Es kann gar keine "Mafia-Pasta" nach Mafiosi wie Tommaso Buscetta und Toto Riina sowie nach Paten der Cosa Nostra dort abgeholt werden. Für Aufregung sorgte in Italien trotzdem die Internet-Werbung des offenbaren Bestell-Service für "Don Falcone" mit Bratwurst, nach Falcone benannt, weil der "gegrillt wurde, wie eine Wurst". Angeboten wurde im Internet offenbar auch "Don Peppino", ein Panino mit Huhn, nach dem 1978 getöteten Anti-Mafia-Helden Peppino Impastato benannt. "Der großschnäuzige Sizilianer wurde bei einem Bombenattentat gebacken wie ein BBQ- Hähnchen", ist auf dem Menü zu lesen.

Berichterasttung in "La Repubblica"

Die angesehene römische Tageszeitung "La Repubblica" widmete dem Fall "Don Panino" gar eine ganze Seite. Veröffentlicht wurde dazu auch ein Kommentar des angesehenen Mafia-Experten des Blatts, Attilio Bolzoni. Darin warnte er vor der Gefahr einer Verharmlosung des Phänomens Mafia im Ausland. "Die Kriminalität, wird als 'typisch', als 'charakteristisch' dargestellt, es wird zur Folklore, die Österreichern und Deutschen keine Angst einflößt. Auch Lokale mit italienischen Namen wie 'Il Padrino', 'Pizzeria Camorra' oder 'I Mafiosi' bezeugen dies. Musik, Filme und alles, was die öffentliche Meinung beeinflussen kann, werden ohne Schamgefühl und ohne Angst als 'Tradition' dargestellt, als wären sie ein Erbgut der Menschheit", kommentierte Bolzoni.

Für einen Eklat sorgte auch die Tatsache, dass die Inhaber von "Don Panino" zwei Italiener sind. Ihre Facebook-Seite wurde von Protesten überflutet. Die Webseite von "Don Panino" ist seit Samstag nicht mehr zugänglich. Der Online-Essensanbieter "Lieferservice.at" hatte die Seite vom Netz genommen. Dem unbeschadeten Italienurlaub und den anhaltend freundschaftlichen Verbindungen zwischen Österreich und dem Land, wo die Zitronen blühen zwischen Caorle, Montalcino (Brunello) und Palermo steht in diesem Sommer nichts mehr entgegen.

Lesen Sie die Ursprungsmeldung auf der nächsten Seite

Anmerkung: Diese Meldung wurde zwischenzeitlich aktualisiert. Das Lokal "Don Panino" existiert in Wahrheit nicht.

Wien - Die italienische Botschaft in Wien protestiert gegen das Lokal "Don Panino" in Wien-Neubau, das seine Gerichte und Brötchen (Panini) mit den Namen mehrerer Mafiosi und Anti-Mafia-Helden anbietet. Auf Anweisung der italienischen Außenministerin Emma Bonino betonte Sergio Pagano, ein italienischer Gesandter in Wien, in einem Schreiben an die österreichischen Behörden, dass der Gebrauch der Namen von im Kampf gegen die Mafia gefallenen Persönlichkeiten zu Marketingzwecken nicht nur "geschmacklos, sondern auch beleidigend" gegenüber diesen Personen und all jenen Menschen sei, die sich täglich im Kampf gegen die Mafia engagieren. Die Homepage des Lokals war am Samstagabend nicht mehr zu erreichen.

Ironische Bemerkungen über prominente Opfer im Kampf gegen die Cosa Nostra, wie Staatsanwalt Giovanni Falcone und Anti-Mafia-Aktivist Peppino Impastato, seien inakzeptabel und hätten "stark negative Reaktionen" in der Öffentlichkeit in Italien sowie in der italienischen Gemeinschaft in Wien ausgelöst, berichtete das Außenministerium in Rom.

Eine Facebook-Gemeinschaft, die sich "Italiani a Vienna" (Italiener in Wien) nennt, hatte kürzlich eine Unterschriftensammlung gestartet, in dem das Lokal aufgefordert wurde, die Namen seiner Menüs zu ändern. Bisher wurden 968 Unterschriften gesammelt.

Mehr Respekt für Mafia-Opfer

Der Initiator der Kampagne, der in Wien lebende Paolo Federico, forderte mehr Respekt für die Mafia-Opfer. "Man darf den Begriff Mafia nicht zu Marketingzwecken verwenden", betonte Federico nach Angaben der italienischen Nachrichtenagentur ANSA. Er bemängelte, dass in Wien zuletzt mehrere Pizzerien mit Namen eingeweiht worden seien, die auf die Mafia hinweisen, wie "Mafiosi", "Camorra" und "Al Capone". "Wir hoffen, dass andere italienische oder österreichische Unternehmer mit geniereichen Einfällen dieser Art es sich anders überlegen werden. Man muss verhindern, dass der Begriff Mafia als Brand und Werbung genutzt wird", so Federico.

Der von Impastato gegründete sizilianische Radiosender "100 Passi", der engagierte Anti-Mafia-Kampagnen führt, startete auf der Webseite "change.org" eine an das Außenministerium gerichtete Petition gegen "Don Panino", die in Kürze 7.300 Unterschriften sammelte. Mehrere Kaufleute, Opfer von Erpressungen auf Sizilien, unterschrieben die Petition. "Ein derartiges Lokal sollte sofort schließen", protestierte Nicoletta Scimeca, die einem Verband von im Kampf gegen die Mafia engagierten Kaufleuten angehört. (APA, 8.6.2013)