Wien - Dass Aufsässigkeit nicht nur als Recht, sondern gerne auch als Pflicht nachrückender Generationen verstanden wird, zeigt einmal mehr der Nachwuchs-Wettbewerb im Wiener Theater Drachengasse. Junge Theaterleute wurden heuer zum Thema "Empört Euch!" eingeladen, dramatische Konzepte vorzulegen. Von 99 Einreichungen durften vier Finalisten ihre Ideen zu 20-minütigen Stücken ausarbeiten, um über 16 Abende um die Gunst des Publikums und einer Fachjury zu rittern.

Den Auftakt macht I Do It My Way! von und mit Fabian Faltin und Elisabeth Hager. Die Performance, in der ein Heimatwerker ein Dach zimmert, während patriotische Texte der Nachkriegsjahre und Aufrufe zur Revolution verlesen werden, wirkt noch ausbaufähig. In der Duo-Besetzung konnten zudem vergleichsweise wenige Anhänger in den Zuschauerraum geschleust werden, die Reaktion des Publikums fiel daher eher höflich verhalten aus.

Mehr Anhänger konnte Die Kümmerinnen von Katharina Tiwald (Regie: Julia Kneussel) mobilisieren. Vier Schauspielerinnen rattern Worte, die uns laut Programmheft alle angehen. "Publizistik- und Kommunikationswissenschaften" etwa oder Anmerkungen zur Brustvergrößerung.

Ebenfalls sehr auf die eigenen Lebensverhältnisse fokussiert Sandra Jungmanns und Bernd Watzkas von Steffen Jäger inszeniertes Stück Occupy Burgtheater. Selbstironisch werden darin drei Jungschauspieler gezeigt, die mit griffigen Slogans ("Occupy! Occupy! Den Hartmann schlagen wir zu Brei!") für eine österreichische Rückeroberung des Burgtheaters kämpfen und nur allzu gern zu Schoßhündchen des deutschen, leicht transsilvanisch anmutenden Burgherrn mutieren. Spaßig.

Eine ganz andere Tonart schlägt schließlich Achtundsechzig Jahre Kriegsfreiheit, die reifste Produktion des Abends, an. Michael Schlecht inszeniert Leon Englers Reise in die zwiespältige Gedankenwelt eines jungen Mannes, der sich ein Leben im Krieg wünscht, da dieser mehr Struktur in sein Dasein bringen soll als die Raufasertapete seiner Wohnung.

Wer die Preisgelder schließlich nach Hause trägt, zeigt sich nach der letzten Aufführung am 22. Juni. Davor werden auch noch fünf Produktionen, die es nicht bis in die Finalrunde geschafft haben, am 15. Juni präsentiert.    (Dorian Waller, DER STANDARD, 8./9.6.2013)