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Schöne neue Welt der Gleichheit: genderlose Puppen als pädagogisches Basisrequisit des Stockholmer Kindergartens "Egalia", in dem die Wörter " er" und "sie" zwecks Vermeidung von "Stereotypisierung" nicht mehr zur Sprache kommen dürfen; im amtlichen Schriftverkehr mancher Staaten ist nur mehr von "Elternteil 1" und "Elternteil 2" die Rede ...

Foto: dapd/FREDRIK SANDBERG

Vergangenen Dienstag wurde im Ministerrat eine Änderung des Adoptionsrechts beschlossen, die einigen Zündstoff enthält. Geht es nach dem Willen der Regierung, so soll es schon ab Juli möglich sein, das leibliche Kind eines gleichgeschlechtlichen Partners adoptieren zu können. So harmlos diese Änderung der sogenannten Stiefkindadoption für einige vielleicht auch klingen mag, markiert sie dennoch den Abschied vom bisherigen Elternbegriff: Statt Vater und Mutter soll ein Kind rechtlich nunmehr eben zwei Väter, aber keine Mutter mehr haben können (oder umgekehrt). Und es ist illusorisch, zu glauben, dass dieser Schritt keine weiteren rechtlichen Konsequenzen im Bereich der Adoption nach sich ziehen würde.

Wie ist es zu diesem Beschluss gekommen? 2010 hat Österreich nach langer Diskussion die eingetragene Partnerschaft eingeführt. Politischer Kompromiss war: Partnerschaft ja, Adoption und Ehe nein. Wie schwierig dieser Kompromiss zu halten ist, zeigt ein Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, das Österreich wegen sexueller Diskriminierung verurteilt, weil es neben Ehegatten zwar unverheirateten heterosexuellen Paaren die Stiefkindadoption erlaubt, gleichgeschlechtlichen aber nicht. Dabei hat dieses Verbot gar nichts mit sexueller Orientierung zu tun. Es beruht allein auf der Tatsache, dass ein Kind immer nur einen Vater und eine Mutter hat und dieses Verhältnis auch durch Adoption nicht geändert werden soll. Auch zwei heterosexuelle Frauen können nicht gemeinsam ein Kind adoptieren bzw. die eine das leibliche der anderen und dadurch den Vater verdrängen.

Der Gerichtshof meinte, Österreich hätte nicht ausreichend dargestellt, dass ein Kind Vater und Mutter brauche, und stützt sich auf eine oft zitierte Studienlage, der zufolge das Kindeswohl bei homosexuellen Paaren ebenso gesichert sei wie bei Vater und Mutter. Diese Begründung macht aus zweierlei Sicht stutzig:

Zum einen weil die angeführte Studienlage lang nicht so aussagekräftig ist wie gerne behauptet. Gerade die deutsche Rupp-Studie basiert maßgeblich auf telefonischer Selbsteinschätzung homosexueller Elternteile. Die ergänzende Befragung durch Experten war selbst für die Autoren der Studie mangels Erfahrungswerten wenig aussagekräftig. So verfügten die sechs Befragten aus den Jugendämtern über Erfahrungen in insgesamt zehn Fällen. Die Befragten aus dem Bereich Schule überhaupt nur in jeweils ein bis drei Fällen.

Zum anderen aber irritiert die Rechtfertigung des Gerichtshofs auch, weil im Verfahren sehr wohl unter anderem auch die umfassende Arbeit von Marc Regnerus vorgelegt wurde, die bei aller teilweise berechtigten Kritik eines wesentlich belegt: Die größten Chancen auf eine positive Entwicklung hat ein Kind dann, wenn es gemeinsam mit seinen leiblichen Eltern aufwächst. Es ist richtig, dass die Studie von Regnerus nicht stabile heterosexuelle Beziehungen mit stabilen homosexuellen Beziehungen vergleicht. Dies allerdings nur deswegen, weil unter den knapp 3000 zufälligen Befragten zu wenig stabile homosexuelle Beziehungen zu finden waren. Eindeutig belegt aber ist, dass das Kindeswohl, statistisch gesehen, am besten durch das Aufwachsen bei den leiblichen Eltern gewährleistet ist. Nicht ohne Grund sichert Artikel 7 der UN-Kinderrechtskonvention Kindern das Recht, ihre Eltern nicht nur zu kennen, sondern möglichst auch von ihnen betreut zu werden.

Dieses Recht auf Vater und Mutter zu garantieren ist vor allem auch dann zu berücksichtigen, wenn es um die Frage der künstlichen Befruchtung geht. Bis dato sieht das österreichische Fortpflanzungsrecht künstliche Befruchtung nur für heterosexuelle Paare vor. Entgegen einigen Rechtsansichten hat diese Beschränkung aber auch nichts mit sexueller Orientierung zu tun, sondern ist nur doppelt konsequent. Zum einen versucht sie so weit wie möglich dem Kind das Recht zu sichern, nicht nur Vater und Mutter zu kennen, sondern möglichst auch bei ihnen aufzuwachsen.

Zum anderen verfolgt das FMedG von Anfang an stringent einen therapeutischen Ansatz, sieht eine künstliche Befruchtung also als medizinische Heilmaßnahme vor. Die künstliche Befruchtung soll jenen Paaren zu einem Kind verhelfen, die grundsätzlich ohne Fruchtbarkeitsstörung fähig wären, gemeinsam ein Kind zu zeugen. Homosexuelle Paare wie auch alleinstehende Personen können sich aber auch nach Behebung einer etwaigen körperlichen Fortpflanzungsschwierigkeit nicht miteinander bzw. allein fortpflanzen. Dieser biologische Unterschied ist der Grund dafür, dass hier nicht Gleiches ungleich behandelt wird, sondern Ungleiches ungleich. Das ist kein Verstoß gegen das Gleichheitsgebot. Umso berechtigter ist es, hier dem Recht des Kindes auf Vater und Mutter Vorrang gegenüber dem Recht auf freie Gestaltung des Privatlebens Erwachsener einzuräumen.

Auch nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte ist Österreich nicht verpflichtet, die Stiefkindadoption für gleichgeschlechtliche Personen zu öffnen. Alternativ könnte sie auch auf Ehegatten beschränkt werden, was nicht nur konventionskonform, sondern rechtlich auch viel weniger einschneidend wäre - und der mehrheitlichen Praxis der übrigen Mitgliedsstaaten entspräche.

Durch die geplante Änderung räumt der Gesetzgeber einem Kind erstmals zwei Väter ein, während die Mutter von Rechts wegen gestrichen wird. Dieser rechtliche Schritt ebnet den Weg für Sukzessivadoption, allgemeine Adoption und schließlich die Homo-Ehe weiter. Aus Rücksicht auf diese Situation wird in manchen Staaten daher nur mehr von Elternteil 1 und Elternteil 2 gesprochen. "Vater" und "Mutter" sind aus öffentlichen Formularen bereits gestrichen. Wie deutlich muss Bundesministerin Heinisch-Hosek eigentlich noch werden, um verständlich zu machen, wohin die Reise geht? (Stephanie Merckens, DER STANDARD, 8./9.6.2013)