Gerhard Trumler, "Der Ring des Nibelungen". Limited edition: 50 Ex. / € 150,- / 76 S., Edition Portfolio, Fraberg & Wien 2013.

Foto: Edition Portfolio

Es sind äußerst exotische, äußerst ungewöhnliche Porträts der allzu bekannten Protagonisten aus Richard Wagners Der Ring des Nibelungen, die Gerhard Trumler aus einer eigenwilligen, exzentrischen Perspektive präsentiert. Der mit seinen 75 Lenzen immer noch unermüdlich Neugierige, normalerweise dokumentierender Chronist des Alltäglichen, erblickte eines Tages vom Wegrand eines nebelverhangenen Feldes aus die ihm musikalisch wie literarisch vertrauten Figuren des Wagner'schen Universums.

Auf seinen Fotos begegnet man, inmitten von Waldweben, den mystischen Gestalten, Göttern, Walküren, Helden und Heldinnen. Allerdings zeigt er die Heroen, die wundersamen Figuren nicht in menschlicher Gestalt, sondern interpretiert deren Antlitze, deren Fratzen, deren wallende Gewänder im Status des Verfalls - nicht human, sondern in den Strukturen, den faltigen Gesichtern und teils vermodernden, teils in Blüte stehenden Kohlköpfen. Aus dem archaisch- kargen Feld ragen die Köpfe der Nibelungensagen heraus. Man begegnet dem stolzen Siegfried, den Nornen, dem stattlichen Fasolt, den Rheingöttinnen, Erda, Brünnhilde, Hunding, Wotan et alii.

Mittels der Wagner'schen Lyrik vermittelt Trumler die Korrumpierung des Lebens und die Nichteinhaltung der Äquilibristik von Macht und Liebe. In der Reduktion auf das Erdige, in der Selbst-Überlassung der Welt ohne Gottheiten gerät der Bilderzyklus zu einer Reise über Neuformungen und Metamorphosen, über die Vergänglichkeit an sich. Weder abgöttisch noch spöttisch. Statt in Ehrfurcht zu erstarren, inszeniert Trumler den Ring als Götterdämmerung des Verfalls, als Untergang der Götter, als Apokalypse. (Gregor Auenhammer, Album, DER STANDARD, 8./9.6.2013)