Gusenbauer: "Kasachstan ist keine Westminster-Demokratie."

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Wien - Ex-Bundeskanzler, Berater und Investor Alfred Gusenbauer (SPÖ) wehrt sich gegen den Verdacht, er habe das kasachische Regime in der Causa Rachat Alijew mit vertraulichen Dokumenten versorgt. Bekannt wurde die Causa am Wochenende via "Profil". Am Montag, 17.40 Uhr, nachdem auch die Kritik an seinen Jobs als Novomatic-Aufsichtsrat und Berater des kasachischen Präsidenten Nursultan Nasarbajew wieder einmal laut geworden war, wurde Gusenbauer aktiv. Er schnappte sein iPad und verschickte zur Weiterverbreitung ein Argumentarium in eigener Sache.

"Liebe Freunde", schrieb der polyglotte Unternehmer eilig (darauf weisen die Tippfehler hin), "... ich möchte Euch ersuchen, folgende Argumente möglichst breit zu streuen, auch über Foren, Netze etc." 

Ein paar Auszüge: "1) Glücksspiel: Glücksspiel ist eine unausrottbare gesellschaftliche Realität. Es findet entweder legal oder illegal statt. ... Daher hat sich die zivilisierte Welt schon lange für legales Glücksspiel entschieden. Die Sozialdemokratie hat sich immer dazu bekannt. (Wie wäre es sonst möglich, dass der heutige Vorzeigesozialdemokrat Androsch mit Bet and Win ein eigenes Glücksspielunternehmen gegründet hat.) Auch die katholische Kirche ist ... an den Casinos Austria beteiligt." Und: "Die Novomatic ist ein weltweit tätiges Entertainmentunternehmen ... Was ist daran unsozialdemokratisch, für ein solches Unternehmen tätig zu sein?"

Als Nächstes klärt der Nasarbajew-Berater seine lieben Freunde über Kasachstan auf. "Kasachstan ist keine Westminster-Demokratie und verfügt über autoritäre Führungsstrukturen. Da besteht kein Zweifel. Gleichzeitig stellt es einen Anker der Stabilität in einer turbulenten Gegend dar. ..." Was er dort tut? "Westliche Berater haben die Aufgabe, diesem Land bei der Demokratisierung, der Öffnung gegenüber dem Westen und bei der Liberalisierung der Wirtschaft unter die Arme zu greifen." Das habe auch schon Erfolge gezeitigt. Allerdings fällt ihm auf, "dass in keinem europäischen Land die Kasachstan-Debatte so verächtlich, gehässig und einäugig geführt wird wie in Österreich. Woran liegt das wohl? Am hohen Informationsstand? Wohl kaum."

Zum Schluss legt Sozialdemokrat Gusenbauer, der die Politik Ende 2008 verlassen hat, seinen Adressaten noch die Argumente für "Einkommen in der Privatwirtschaft" auf. Und zwar so: "Alfred Gusenbauer hat sich mit 48 Jahren für den Weg in die Privatwirtschaft entschlossen. Also keine Versorgung aus Steuergeldern, kein windiger Versorgungsjob im staatsnahen Bereich, keine Aufträge von Staatsfirmen etc. Leistung wird in der Privatwirtschaft marktkonform entlohnt. Es schenkt einem bekanntlicherweise niemand etwas. Danke für die Unterstützung und LG Alfred" 

Unterstützung fand er flugs, etwa im der Omnia Online Medien GmbH gehörenden Online-Magazin "EU-Infothek". Die sandte tags darauf eine Geschichte aus zur Frage, warum sich der Ex-Kanzler "eigentlich bei den Genossen unbeliebt gemacht hat". Die Antworten sind wortident mit Gusenbauers Argumentarium. Chefredakteurin Gerlinde Wambacher-Culik: "Ich kenne keine Mail. Vielleicht hat Herr Gusenbauer seine Argumente aus unserer Geschichte genommen." Hat die vor seiner Mail existiert? Das lässt sich nicht eruieren: "Der Server ist kaputt." (Renate Graber, DER STANDARD, 7.6.2013)