Die von elf EU-Ländern geplante Einführung einer Steuer auf Finanztransaktionen ab 2014 stockt. Unter EU-Parlamentariern laufen momentan "heftige Diskussionen" über den im Februar vorgelegten Vorschlag der EU-Kommission, sagte der bei den Konservativen zuständige Berichterstatter Othmar Karas (ÖVP) am Donnerstag. Er fürchtet, dass die Einnahme zu einer nationalen Cash Cow verkommen könnte, anstatt Lenkungseffekte zu erzielen. Insgesamt seien bereits 170 Abänderungsanträge eingebracht worden.

Direkten Lobbyismus in Richtung Aufweichung gebe es nicht, sagte Karas. "Bei mir hat noch keine Bank interveniert."

Lenkungseffekt vs. Obulus

Österreich hat die Einnahmen aus der Finanztransaktionssteuer bereits für 2014 budgetiert, 500 Millionen Euro soll sie einbringen. Ob Zeitpunkt und Höhe realistisch sind, vermag Karas nicht zu sagen. "Ich kenne weder den Prozentsatz, den Österreich auf den Minimalsatz draufschlagen will, noch die Berechnungsgrundlage." Es gebe lediglich die Aussage von Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ), wonach er Spielraum nach oben sehe. Die Kommission sieht Steuersätze von 0,1 Prozent auf Aktien und Anleihen sowie 0,01 Prozent für Derivatkontrakte vor. Faymann hatte im Februar gesagt, bei derivativen Produkten könnte er sich 0,015 Prozent vorstellen.

Die Finanzbranche jedenfalls ruft seit Monaten nach Ausnahmen, etwa bei Pensionsfonds oder Instrumenten, die nicht nur zum Zocken da sind, sondern der Absicherung von täglichen Geschäften dienen. Karas geht es laut Eigenaussage darum, die Abgabe so zu gestalten, dass sie den geplanten Lenkungseffekt erfüllt und nicht mit beschlossenen Steuerungsmaßnahmen im Finanzsektor - etwa die strengeren Kapitalvorschriften für Banken (Basel III) oder die Finanzmarktrichtlinie MiFID - im Widerspruch steht. Karas hat daher selbst neun Abänderungsanträge eingebracht.

Teufel im Detail

"Wir dürfen den ordnungspolitischen Ansatz nicht verlieren. Die Elf-Staaten-Lösung ist nur die viertbeste", so Karas. Ziel sollte sein, Finanztransaktionen weltweit zu besteuern, dafür solle sich die EU-Kommission im Rahmen der G-20 einsetzen. Weiters verlangt Karas, dass die teilnehmenden Mitgliedstaaten alle denselben Steuersatz einführen und dass die Einnahmen langfristig ins EU-Budget fließen. Das wäre freilich erst möglich, wenn alle Staaten mitmachen. Momentan sieht die EU-Kommission laut Karas vor, dass die Staaten ihren EU-Mitgliedsbeitrag um die Einnahmen bis zum Minimalsatz reduzieren können - also ein "Nullsummenspiel für die EU".

Außerdem spricht sich Karas für eine höhere Besteuerung von außerbörslichen Transaktionen aus. Noch viel zu klären gebe es zum Thema Ausnahmen, berichtete der Mandatar. Er ist dafür, außerbörslich gehandelte Finanzinstrumente (OTC-Derivate), die rein der Risikominderung dienen, von einer Besteuerung auszunehmen, ebenso Interbankengruppen-Transaktionen. Diese sorgten für eine Erhöhung der Liquidität. Auch Aktivitäten von Market Makern sollten ausgenommen werden, wenn dadurch Liquidität im Markt bleibt. Zudem will Karas die in den vergangenen Jahren eingeführten Bankenabgaben überprüfen, damit es zu keiner Doppelbesteuerung kommt.

Wer bekommt Steuer wann?

Noch offen sei, wie man mit Pensionsfonds verfahren soll. Bei der Abwicklung herrsche überhaupt noch "Chaos". Wenn zum Beispiel eine deutsche Aktie von einem Briten an einen Holländer geht, stellt sich die Frage, wer für die Einhebung und Überweisung der neuen Steuer zuständig ist und ob der Verwaltungsaufwand entschädigt werden muss.

Das EU-Parlament werde daher erst im Juli seinen Beschluss fassen, im September werde sich dann der Rat damit befassen. (APA, 6.6.2013)