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Nach Robert Indianas "Love" aus dem Jahr 1958 kam einst Zobernigs "Real" ; dann im Vorjahr 2012 dieses Werk ohne Titel, in dem sich "Rage" entziffern lässt.

Foto: Foto Archiv HZ Courtesy Galerie Juana de Aizpuru, Madrid

Graz - Ob Möbel oder Räume, die ein Künstler entwirft und plant, nun Kunst, Architektur oder Design darstellen, ist immer eine Frage des Blickwinkels. Ändert man diesen, hat dasselbe Objekt vielleicht plötzlich mehrere Leben, mehrere Identitäten. Der Künstler Heimo Zobernig hat in den letzten 30 Jahren immer wieder verschiedene Rollen eingenommen, inklusive einem Schlenker zum Theater, wo er als junger Mann "hineingeraten" sei, wie er am Mittwoch im Kunsthaus Graz erzählt, obwohl er von Anfang an Kunst studieren wollte.

Die Theorien des Bertolt Brecht, die Zobernig da kennenlernte, trafen sich später mit Anklängen der Arte Povera und des amerikanischen Minimalismus im Werk des Künstlers, wie Kunsthausintendant Peter Pakesch beim ersten Rundgang durch die Ausstellung Heimo Zobernig bemerkte.

In der blauen Blase wird die Ausstellung, die in enger Kooperation mit dem Museo Nacional Centro de Arte Reina Sofia entstand, wo die Objekte bereits bis vergangenen April zu sehen waren, heute, Donnerstag, eröffnet.

Ein schönes Beispiel für die eingangs erwähnte mehrfache Rolle des Künstlers ist eine Installation gleich zu Beginn der Schau. Hier steht man vor dem Eingangsbereich der früheren Neuen Galerie in der Grazer Sackstraße. Zobernig gestaltete ihn als künstlerische Intervention 1993 für eine von Peter Weibel, Werner Fenz und Christa Steinle kuratierte Ausstellung. In dem prunkvollen Barockpalais wurde ein Kassen- und Leseraum mit einer Türkonstruktion, Regalen und Tischen aus Pressspanplatten gesetzt, dazu industriell gefertigte Cafémöbel aus Metall. Nach der Ausstellung wurde der Kassenraum tatsächlich als solcher genutzt, 20 Jahre später ist er wieder reines Kunstobjekt.

Maisonette in der Kohlestadt

Ähnlich verhält es sich mit der Bespielung Zobernigs einer Maisonettenwohnung in einem von Le Corbusier geplanten Wohnbau in der einstigen Kohlestadt Firminy, die in Graz ebenfalls wiederaufgebaut wurde.

Doch vom Kassenraum geht es zuerst weiter durch die 1980er-Jahre, vorbei an Objekten aus Karton, an denen der 1958 geborene Künstler mit Raum und Skulptur experimentiert. Eine "Adition von Kartonrollen" (zu einem organischen Ganzen zusammengesteckte leere Klopapierrollen) kommentiert Zobernig mit: "Jede Abzweigung oder Biegung erschien mir definiert, ich hatte keine Freiheit."

Zentrum der Ausstellung ist ein elf mal 22 Meter großer, mit schwarzen Vorhängen abgehängter Raum. Eine Bühnenkonstruktion, die wieder selbst zur Kunst wird. Im Inneren scheinen monochrome Malereien zu schweben. Hoch oben das Bild mit den bunten Lettern "REAL". Es sei ein "Statement unserer Generation der Achtziger" zu Robert Indianas Kultbild mit dem gekippten O in "Love" aus 1958, so Zobernig.

Der Rundgang endet bei einem Bild aus dem Vorjahr, einer von mehreren Pablo-Picasso-Bearbeitungen Zobernigs. Es hängt verschoben, halb in der Luft auf der Stellwand.

Überhaupt erzählen Werke, wie auch der Katalog, in dem Arbeit und Biografie Zobernigs auf weißen und blauen Seiten verschränkt sind, immer wieder von Verschiebungen. Und von Grenzaufhebungen, die Dinge erst klarer fassbar machen.   (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 6.6.2013)