Philadelphia - Der erste Wein wurde wahrscheinlich vor etwa 9000 Jahren irgendwo im Nahen Osten angebaut. Von den Ägyptern ist bekannt, dass sie bereits im vierten Jahrtausend vor Christus das alkoholhältige Getränk hergestellt haben. Vermutlich verbreiteten von dort die Seefahrer die Kulturtechnik im Mittelmeerraum.
Wie das genau von statten ging, sei aber noch weniger gut bekannt, erläutert eine Gruppe von Wissenschaftern um Patrick McGovern vom Museum für Archäologie und Anthropologie der Universität von Pennsylvania. Die Forscher haben untersucht, wann und wie der Wein an eine seiner höchsten Kultivierungsstätten kam: nach Frankreich.
Ab etwa 625 v. Chr. brachten die Etrusker Wein aus Zentralitalien in Amphoren per Schiff an die Küsten Südfrankreichs. In gut erhaltenen etruskischen Amphoren, die in der Hafenstadt Lattara in Südfrankreich ausgegraben worden waren, konnten die Forscher mit massenspektrometrischen Verfahren Hinweise auf Weinsäure in den Gefäßen finden.
Der etruskische Traubensaft schien den frühen Franzosen geschmeckt zu haben. Denn spätestens um 400 v. Chr. wurde dann auch auf dem Boden der heutigen Grande Nation Wein angebaut und gekeltert. Es ist laut der Forscher wahrscheinlich, dass sie dabei auf die Kenntnisse der Etrusker und auch auf deren domestizierte Weinpflanzen zurückgegriffen haben.
Die Wissenschafter untersuchten eine alte Presse aus Stein, die ebenfalls in Lattara gefunden worden war und aus der Zeit um 425 bis 400 vor Christus stammt. Auch daran konnten Spuren von Weinsäure nachgewiesen werden. Bisher war unklar, ob mit der Presse Weintrauben oder Oliven gepresst wurden. Die Traubenpresse sei nun aber der erste eindeutige Beweis einer Weinherstellung auf dem Gebiet des heutigen Frankreichs, erklären die Wissenschafter. Spuren von Zusätzen wie Baumharz und bestimmten Gewürzen wie Rosmarin, Thymian oder Basilikum deuten aber auf eine medizinische Anwendung des Weins hin.
Medizinische Wirkstoffe wurden in der Antike häufig in Alkohol gelöst. Die Baumharze könnten zudem die Haltbarkeit des Weins beim Transport per Schiff verbessert haben. Zusammen mit den Resten von Traubenkernen, Stielen und Früchten, die in Lattara in großen Mengen gefunden worden waren, liefere ihre Untersuchung gute Anhaltspunkte dafür, dass dort zu dieser Zeit eine eigene Wein-Herstellung begründet wurde.
Mittlerweile hat Frankreich Italien im Weinanbau überrundet und liegt knapp vor Italien. Frankreich, Italien und Spanien produzieren zusammen immer noch etwa die Hälfte der weltweiten Weinmenge. (dpa, pum, DER STANDARD, 4.6.2013)